Vatikan: Bei Social Media am barmherzigen Samariter orientieren
Christinnen und Christen sollen sich nach Ansicht des Vatikans online am Verhalten des barmherzigen Samariters orientieren. In einer am Montag veröffentlichten pastoralen Reflexion über den Umgang mit sozialen Medien mit dem Titel "Auf dem Weg zur vollen Präsenz" sucht das vatikanische Kommunikationsdikasterium nach Wegen, wie die Kirche im Netz präsent sein soll. Eine der drängendsten Fragen der heutigen Zeit sei, "wie wir als Einzelne und als kirchliche Gemeinschaft in der digitalen Welt als 'liebende Nachbarn' leben sollen, die auf unserer gemeinsamen Reise auf den 'digitalen Autobahnen' wirklich präsent und aufmerksam füreinander sind".
Das gemeinsam mit Experten erarbeitete Papier solle keine präzisen Richtlinien aufstellen, sondern "ein gemeinsames Nachdenken über unsere digitalen Erfahrungen […] fördern und sowohl Einzelpersonen als auch Gemeinschaften […] ermutigen, einen kreativen und konstruktiven Ansatz zu wählen, der eine Kultur der Nächstenliebe fördern kann". Dabei zeige das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, wie Menschen echte Begegnungen gestalten könnten.
Die Aufgabe von Christen im Netz sei nicht primär, Inhalte herzustellen oder auf Informationen, Ideen und Bilder von anderen zu reagieren. Stattdessen müssten sie fragen, wie sie gemeinsam das Gesprächsklima und die Gemeinschaft verbessern könnten, wie sich Gemeinschaften so stärken ließen, dass Spaltungen überwunden und Dialog und Respekt gefördert werde, und wie das Netz wieder zu der Umgebung gemacht werden könne, die es sein könne und solle: "ein Ort des Teilens, der Zusammenarbeit und der Teilhabe, der sich auf gegenseitiges Vertrauen gründet".
Reflektieren, nicht reagieren
Ein christlicher Stil solle reflektierend, nicht reagierend sein. "Deshalb sollten wir alle darauf achten, nicht in die digitalen Fallen zu tappen, die in Inhalten versteckt sind, die absichtlich darauf abzielen, Konflikte unter den Nutzern zu schüren, indem sie Empörung oder emotionale Reaktionen hervorrufen", so das Dikasterium. Besondere Vorsicht sei geboten bei den Inhalten, die man selbst weiter verbreite. Das Problem von "polemischer, platter und damit spaltender Kommunikation" sei besonders besorgniserregend, wenn es von der Kirchenleitung ausgehe, also Bischöfen, Pfarrern und Laien in Leitungsfunktionen: "Diese verursachen nicht nur eine Spaltung in der Gemeinschaft, sondern geben auch anderen die Erlaubnis und Legitimation, ebenfalls eine ähnliche Art von Kommunikation zu fördern."
Daneben werden weitere Herausforderungen und Gefahren angesprochen, die mit der Nutzung von sozialen Medien verbunden sind. Dazu gehören nach Ansicht des Dikasteriums die Kommerzialisierung von Plattformen, die Verbreitung von Fehlinformationen und die Bildung von Filterblasen, in denen Menschen nur mit Gleichgesinnten interagieren. Es sei wichtig, eine Kultur der Begegnung und des Dialogs zu fördern und den Blick über die eigenen Meinungen und Vorurteile hinaus zu öffnen.
Das Papier ist nach Angaben des Kommunikationsdikasteriums das Ergebnis eines Reflexionsprozesses, an dem verschiedene Experten aus Erziehung, Wirtschaft und Kirche teilgenommen haben. Es greift Motive auf, die Papst Franziskus in seinen Botschaften zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel in den vergangenen Jahren bereits angesprochen hat. Bereits in der Botschaft zum Mediensonntag 2014, der ersten in seinem Pontifikat, hob der Papst den barmherzigen Samariter als Beispiel für gelungene Kommunikation hervor: "Wer nämlich kommuniziert, eine Verbindung aufnimmt, macht sich zum Nächsten." Das Thema des diesjährigen Welttags der sozialen Kommunikationsmittel ist "Mit dem Herzen sprechen". (fxn)