Gott ist offensichtlich ein "Macher"

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"Dort, wo wir einander die Füße waschen, wo wir einander dienen, geschieht Kirche." Dieser Gedanke aus der Predigt am Gründonnerstag hat mich durch die diesjährige Osterzeit begleitet. Dieser Gedanke kann Kirchenmauern sprengen und den Blick weiten: Kirche wird sicht- und erfahrbar auch – aber nicht ausschließlich – in Seelsorge und Liturgie, in Glaubensverkündigung und caritativem Tun. So weit, so unspektakulär.
Kirche kann auch sicht- und erfahrbar werden, wo Menschen einander Gutes tun, wo sie einander aufrichten, ermutigen, einander groß sein oder groß werden lassen. Es liegt dann im Auge des Betrachters, dort "Kirche" zu entdecken – weniger als fest gefügte Institution, sondern mehr im Sinne dynamischer, womöglich auch nur punktueller Nachfolge.
Nach den Spielregeln der Antike war es übrigens ein Sklavendienst – buchstäblich Drecksarbeit –, einem anderen Menschen die Füße zu waschen. Das sollte auch nicht vorschnell mit einem Verweis auf Jesu souveräne Demut übertüncht werden. Die Jünger Jesu, auch wenn sie selber keine Erfahrung als Sklavenhalter hatten, muss diese Handlung verstört haben.
Verstörend hat auch das Pfingstereignis auf die Anwesenden gewirkt: Von der Menschenmenge wissen wir, dass sie "ganz bestürzt" und "fassungslos vor Staunen" (Apg 2,6-7) war. Wie es sich für die Jünger Jesu angefühlt haben muss, die in allen Sprachen "Gottes große Taten verkünden" (Apg 2,11), verrät die Apostelgeschichte leider nicht.
(Ver-)Störung, Irritation, Unruhe – sie können bei aller Ungemach und Unbequemlichkeit, die sie mit sich bringen, auch der Zweitname Jesu, der Zweitname des Heilige Geistes, der Zweitname Gottes sein. Das sollte aufmerken lassen – auch dort, wo Harmonie und Ruhe gewünscht oder gefordert werden. Die gibt's im Zweifelsfall auch auf dem Friedhof.
Ein letzter Gedanke: Egal ob es nun Jesus ist, der seine Jünger, allen voran Petrus, mit der Fußwaschung überrumpelt oder der Heilige Geist, der galiläische Fischer auf die Straßen Jerusalems treibt und das Wort ergreifen lässt – Gott ist offensichtlich ein "Macher".
Die Autorin
Ricarda Menne ist Lehrerin für Englisch, Geschichte und katholische Religion. Außerdem ist sie in der Hochschulpastoral der Bergischen Universität Wuppertal tätig.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.