Belafi: Die Gesellschaft ist säkularer und auch pluraler geworden
Das Katholische Büro Bayern besteht seit 30 Jahren. Am 1. Juni 1993 richteten die sieben katholischen Bischöfe Bayerns eine zentrale Kontaktstelle zur Landespolitik in München ein. Seit März wird sie von Matthias Belafi (45) geleitet, den landsmannschaftlich und beruflich einiges von all seinen Vorgängern unterscheidet. Im Interview zieht er eine erste Bilanz drei Monate nach seinem Amtsantritt.
Frage: Herr Belafi, Sie sind ein doppeltes Novum auf Ihrem Posten – als erster Nichtbayer und Nichtpriester. Vor- oder Nachteil?
Belafi: Beides. Einerseits bin ich als gebürtiger Pfälzer und durch die 15 Jahre, die ich schon in Bayern gelebt habe, mit dem Land verbunden. Andererseits prägt mich aber auch die Tätigkeit, die ich außerhalb Bayerns ausgeübt habe. Und als Nichtpriester und Vater zweier Kinder stehe ich vor familiären Herausforderungen. Insgesamt ergibt sich noch mal ein anderer Blick auf manche Angelegenheiten, die auch für das Verhältnis von Staat und Kirche wichtig sind. Auf beide Eigenschaften wird jedenfalls interessiert geschaut, auch von der Politik.
Frage: Die Kirche verliert massiv an Mitgliedern und auch an gesellschaftlicher Bedeutung – wie wirkt sich das auf Ihre Lobbyarbeit in der Politik aus?
Belafi: Tatsächlich hat sich in den vergangenen 30 Jahren wahnsinnig viel geändert. Die Gesellschaft ist säkularer und auch pluraler geworden. Vieles ist erklärungsbedürftig und nicht mehr selbstverständlich, auch im Verhältnis zwischen Staat und Kirchen. Trotzdem haben wir ein sehr gutes, enges Verhältnis, das wir weiter pflegen müssen. Auch wenn das künftig mehr Aufwand erfordern dürfte. Dieser Aufwand ist jedoch die Mühe wert, denn es geht nicht nur um ein partnerschaftliches Verhältnis, sondern um das freiheitliche System der Beziehungen von Staat und Kirche.
„Ich habe auf staatlicher Seite die Funktion eines Katholischen Büros sehr zu schätzen gelernt, als zentralen Ansprechpartner für den Staat im kirchlichen Bereich.“
Frage: Welche Themen beschäftigen Sie derzeit besonders?
Belafi: Ich bin hauptsächlich noch mit Antrittsbesuchen bei Entscheidungsträgern aus Politik, Gesellschaft und Kirche beschäftigt. Ich komme dabei ohne inhaltliche Agenda, es geht erst einmal um das persönliche Kennenlernen. Aber manche Themen sind dabei natürlich trotzdem schon aufgekommen: Fragen des sexuellen Missbrauchs haben einen hohen Stellenwert, die Ablösung der Staatsleistungen, deren Diskussion derzeit im Bund angestoßen wird, aber auch eigene Anliegen wie die katholischen Schulen haben mich schon intensiv beschäftigt.
Frage: Sie kommen aus Nordrhein-Westfalen, haben dort bei der Staatsregierung sozusagen auf der anderen Seite des Schreibtisches gesessen. Wie hat das Ihren Blick auf Ihre neue Aufgabe geprägt?
Belafi: Ich habe auf staatlicher Seite die Funktion eines Katholischen Büros sehr zu schätzen gelernt, als zentralen Ansprechpartner für den Staat im kirchlichen Bereich. Da nimmt so ein Büro eine wichtige Scharnierfunktion wahr. Zudem war ich auf der staatlichen Seite nicht nur mit den Kirchen befasst, sondern mit allen Religionsgemeinschaften. Das hat mir noch klarer gemacht, wie wichtig es ist, in vielen Fragen die anderen Religionen und Konfessionen mit im Blick zu behalten.
Frage: Bayern wählt im Herbst einen neuen Landtag. Wissen Sie schon, wem Sie Ihre Stimme geben?
Belafi: Ich konnte bereits in der Vergangenheit in Bayern wählen, insofern ist das keine neue Situation für mich. Und daher kenne ich das politische Feld auch ganz gut. Privat weiß ich, was ich wähle. Das hat aber wenig mit meiner dienstlichen Aufgabe zu tun, bei der es darum geht, ungeachtet des eigenen politischen Standpunkts mit allen Parteien ein gutes Verhältnis zu unterhalten.