Schauspielerin Rois: "Meine ganze Seelendynamik ist eine katholische"
Sophie Rois (62), aus Österreich stammende Schauspielerin, ist nach eigenen Worten vom Katholizismus ihrer Kindheit geprägt. "Meine ganze Seelendynamik ist eine katholische", sagte Rois der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag, online). Sie sei getauft und dadurch Christin. Diese Prägung habe sie von zu Hause mitbekommen, ohne irgendetwas dafür zu tun: "Man sucht sich das ja nicht aus wie einen Yogakurs."
Auch einen Begriff von Schuld und Scham habe sie auf diese Weise vermittelt bekommen, erklärte die Künstlerin. "Und das ist nichts, wo ich denke, davon müsste ich mich irgendwann mal noch befreien." Sie glaube nicht, dass jemand erst dann frei sei, wenn er mit heruntergelassen Hosen durch die Gegend hüpfe: "Ich habe den FKK-Strand schon immer gehasst." In ihrer Nacktheit sei sie verletzbar, deswegen gehöre diese für sie in den Bereich der Intimität. "Und das empfinde ich nicht als unfrei, sondern als etwas Kostbares, das ich nicht aufgeben möchte."
Der Schuldbegriff
Zudem sei da der Schuldbegriff, fügte Rois hinzu: "Es gibt Schuld. Wir können uns schuldig machen. Der Mensch hat ein Bewusstsein für sein Handeln – im besten Fall. Und muss sich dafür verantworten. Es gibt das Böse." Die Künstlerin räumte ein, die Bibel nur in Bruchstücken zu kennen. "Aber als abendländischer Mensch ist man geprägt von 2.000 Jahren Christentum, ob es einem passt oder nicht, ob gläubig oder Atheist." Die Frage sei nur, wie bewusst man sich dessen sei.
Laut Rois ist es eine Sensation, dass diese Religion des modernen, in sich gespaltenen Menschen vor 2.000 Jahren entstanden ist. Gottes Sohn werde am Kreuz, in seiner Todesstunde, von furchtbaren Zweifeln gepackt. Für einen kurzen Moment falle er selbst vom Glauben an Gott ab: "'Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?', sagt er und scheint damit selbst für einen Moment Atheist zu sein. Wir alle kennen diese Worte, auch die, die noch nie in einer Kirche waren."
Die Bibel ist nach Auffassung von Rois ein "Buch voller verstörender Widersprüche". So habe der Linken-Politiker Gregor Gysi einmal in einen Interview die Kirchen als geniale Erfinder der Dialektik bezeichnet. "Und wie wir wissen, in den Räumen zwischen Widersprüchen hält sich das Leben auf." – Rois ist aktuell an der Berliner Volksbühne in Rene Polleschs Stück "Mein Gott, Herr Pfarrer" zu erleben. Dessen Uraufführung findet am 3. Juni statt. (KNA)