Christine Cüppers untersucht Pfarrbriefe aus ganz Deutschland

Expertin: Pfarrbrief hat kirchenferne und -kritische Menschen im Blick

Veröffentlicht am 23.06.2023 um 00:01 Uhr – Von Melanie Düßel – Lesedauer: 

Trier/Bonn ‐ Wer wissen will, was in der eigenen Gemeinde los ist, blickt in den Pfarrbrief. Doch Pfarrbrief ist längst nicht gleich Pfarrbrief. Expertin Christine Küppers erklärt im katholisch.de-Interview, was gute Exemplare auszeichnet und vor welchen Herausforderungen die Macher stehen.

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Seit zehn Jahren nimmt Journalistin Christine Cüppers für "Pfarrbriefservice.de" diese genau unter die Lupe. 400 Exemplare hat sie so bereits untersucht. Im Interview erklärt sie, was man bei Pfarrbriefen beachten sollte, warum diese keine Konkurrenz zu kirchlichen Medien darstellen und wie sie sich mit der Zeit verändert haben.

Frage: Frau Cüppers, Sie sind seit zehn Jahren im Pfarrbrief-Check tätig. Was genau machen Sie da?

Cüppers: Mit einer Kollegin von der Trierer Bistumszeitung "Paulinus" bin ich gefragt worden, ob wir uns als "neutrale Personen" vorstellen können, Pfarrbriefe unter die Lupe zu nehmen. Das Prozedere läuft so, dass wir aus Haßfurt, wo "Pfarrbriefservice.de" angesiedelt ist, die Exemplare zugeschickt bekommen. Wir arbeiten einen Kriterienkatalog ab, in dem es um Inhaltliches und das Layout geht.

Frage: Sie haben schon so einige Pfarrbriefe gesehen, also einen guten Überblick über Pfarrbriefe in Deutschland. Welche Entwicklung sehen Sie?

Cüppers: Ganz deutlich ist die Entwicklung zum Pfarrmagazin zu erkennen. Dabei ist festzustellen, dass nicht alles ein Pfarrbrief ist, wo "Pfarrbrief" draufsteht. Die sechsseitige, im Pfarrbüro kopierte Gottesdienstordnung mit einigen Terminhinweisen beispielsweise ist im klassischen Sinne kein Pfarrbrief, läuft aber auch unter dem Namen. Diese "einfachen" Ausgaben, die notwendige Hinweise auf Termine, die Gottesdienstordnung, ein, zwei Berichte über Ereignisse in der Pfarrei und darüber hinaus vielleicht noch ein Grußwort des Pfarrers enthalten, waren lange das gängige Erscheinungsbild. Inzwischen aber werden deutlich häufiger Pfarrmagazine herausgebracht. Diese erscheinen in der Regel drei- bis viermal im Jahr und sind inhaltlich und optisch aufwendig gemacht. In der Regel sind das Redaktionsteams, die sich viel Arbeit machen, indem sie beispielsweise Schwerpunktthemen setzen: Es geht dann etwa um Ostern und Pfingsten, um Maria, das Thema Sterben oder um die strukturellen Veränderungen, die momentan in vielen Pfarreien und Bistümern anstehen.

Bild: ©Privat

Seit zehn Jahren nimmt die Journalistin Christine Cüppers Pfarrbriefe genau unter die Lupe – und erlebt auch Überraschungen.

Frage: Ist Ihnen etwas besonders im Gedächtnis geblieben?

Cüppers: Als ich angefangen habe, dachte ich, nach vier, fünf Pfarrbriefen hätte ich "alles gesehen", dann könnte der Auftrag langweilig werden. Aber in diesen zehn Jahren waren so faszinierende Ausgaben dabei. Da kann es passieren, dass man ein auf den ersten Blick einfaches DIN-A5-Heftchen aufschlägt und staunt. Oftmals steht hinter solch einem Pfarrbrief dann "nur" eine einzelne Pfarrsekretärin, die aber trotzdem das Ziel hat, optimal mit der Gemeinde zu kommunizieren.

Frage: Was hat diesen Wow-Effekt ausgelöst?

Cüppers: Zum Beispiel Ideen, wie man in kurzen Interviews dem Gemeindeleben Gesichter geben kann. Wir empfehlen beispielsweise gerne ein Modell: "3 Fragen – 3 Antworten". Nehmen wir das Beispiel, dass sonntags die Messdienereinführung stattfindet. Das kann man als Termin vermelden, man kann aber auch den Obermessdiener oder die Obermessdienerin fragen: Warum bist du Messdiener? Was ist das Tolle an dem Dienst? Was war dein persönliches Highlight? Schon habe ich diesen Termin ganz anders verpackt, lege eine Aufmerksamkeit darauf und gebe ihm eine persönliche Note.

Frage: Was ist sinnvoller? Pfarrbrief oder -magazin?

Cüppers: Einen Pfarrbrief zeichnet aus, dass er sich nicht, wie eine Gottesdienstordnung, als Einbahnstraßen-Kommunikationsorgan versteht. Vielmehr greift er die Interessen und Fragen seiner Leserinnen und Leser auf. Er baut im besten Fall Brücken – zu den Lesern, zur Pfarrei, zu den einzelnen Menschen. Ein Pfarrmagazin ist sozusagen eine Weiterentwicklung für den Pfarrbrief. Das Pfarrmagazin setzt auf eine magazinartige Gestaltung, arbeitet viel mit aussagekräftigen Bildern, lässt Freiraum im Layout, arbeitet mit Schwerpunktthemen und bietet auch Unterhaltsames oder Hintergründiges. Ganz bewusst sind hier besonders die kirchenfernen und -kritischen Menschen im Blick, die ja mittlerweile die Mehrheit im Kirchenvolk sind. Insofern ist ein Pfarrmagazin für die Mitgliederbindung auf alle Fälle erstrebenswert.

„Ich bekomme nicht alle Gemeindemitglieder in die Kirche, aber im günstigsten Fall bekommen alle Kontakt zum Pfarrbrief, sehen, was in den Gemeinden an wertvoller und wichtiger Arbeit geleistet wird.“

Frage: Was sollte man grundsätzlich bei einem Pfarrmagazin beachten?

Cüppers: Wenn ich in einer Pfarrei einen neuen Pfarrbrief erstellen wollte, würde ich als erstes schauen, was es bisher gab. Es geht derzeit oft darum, dass man fünf, sechs Pfarreien zu einer Einheit zusammenfasst. Ich würde aus Rücksicht auf die, die bisher involviert waren, alle bestehenden Pfarrbriefe auf den Tisch legen und schauen, welche guten weitergeführt werden können. Eine wertvolle und zudem günstige Unterstützung bietet die Internetseite Pfarrbriefservice.de mit einem riesigen Pool an Hilfen an. Da finden Redaktionen gute Bausteine, die man inhaltlich oder gestalterisch übernehmen kann. Und es werden konkrete Beispiele gezeigt, was nicht so glücklich ist, etwa wenn man keine Bilder nutzt. Es gibt viele wertvolle Tipps und auch Textvorschläge – man muss ja nicht alles neu erfinden.

Außerdem würde ich dazu raten, ein engagiertes Redaktionsteam mit etwa sechs Leuten zu organisieren, weil eine oder einer alleine die wichtige und herausfordernde Aufgabe nicht stemmen kann. Im günstigen Fall ist ein Journalist bereit mitzumachen – selbst wenn er nur korrekturliest. Dann ist es hilfreich, jemanden mit Faible für Layout im Team zu haben. Wichtig ist vor allem, dass die Gemeindemitglieder mitgenommen werden. Denn der schönste Pfarrbrief nützt nichts, wenn er die Leute nicht interessiert. Stattdessen sollte man Entwicklungen, Entscheidungen, auch Probleme, Sorgen und Nöte der Menschen unterbringen.

Frage: Vor welchen Herausforderungen stehen die Gemeinden vor dem Hintergrund der Zusammenlegung von Pfarreien in Seelsorgebereiche, wenn man auf Pfarrbriefe und -magazine blickt?

Cüppers: Im gemeinsamen Pfarrbrief will sich natürlich jede "Altpfarrei" wiederfinden. Ich hatte einen Pfarrbrief in der Hand, da sind sieben Gemeinden zu einer Pfarreiengemeinschaft zusammengefasst. Für den Oster-Pfarrbrief wurde siebenmal die Klepper-Aktion angekündigt. Diese Einzelhinweise nehmen sehr viel Platz weg. Sinnvoller wäre es, einen allgemeinen Hintergrundtext anzubieten und dann die einzelnen Termine darunter aufzulisten. Leser sollten möglichst schnell erfassen können, was wann und wo stattfindet.

Über einem Feld mit niedrigen Bäumen sieht man einen Kirchturm.
Bild: ©spuno/stock.adobe.com (Symbolbild)

Deutschlandweit werden Pfarreien zu Seelsorgebereichen zusammengefasst. Auch Pfarrbriefe müssen das beachten.

Frage: Wenn sich Pfarrmagazine in diesem Bereich professionalisieren, müssen kirchliche Medien dann nun um eine wachsende Konkurrenz fürchten?

Cüppers: Es gibt ein wunderbares Grundsatzpapier zum Thema Pfarrbriefe, das die Deutsche Bischofskonferenz 2008 erstellt hat. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich alle Publikationen ergänzen können. Die Kirchenzeitung kann zum Beispiel nicht die Pfarreien im Einzelnen abbilden, sie kann aber einen Überblick darüber bieten, was im Bistum los ist. Das kann dann der Pfarrbrief herunterbrechen auf die eigene Pfarrei.

Frage: Was erhoffen Sie sich in Zukunft für Pfarrbriefe und -magazine?

Cüppers: Dass es viele engagierte Menschen in den Gemeinden gibt, die um die Bedeutung des Pfarrbriefs und -magazins wissen und große Lust haben, daran mitzuwirken. Außerdem ist es wünschenswert, dass es sowohl in den Pfarreien als auch in den Bistümern das Bewusstsein für diese wichtige Kommunikationsmöglichkeit gibt. Ich bekomme nicht alle Gemeindemitglieder in die Kirche, aber im günstigsten Fall bekommen alle Kontakt zum Pfarrbrief, sehen, was in den Gemeinden an wertvoller und wichtiger Arbeit geleistet wird und sagen: Kirche leistet ja eine Menge Positives hier vor Ort. Diese Arbeit muss wertgeschätzt werden – ideell und am besten auch mit finanzieller Unterstützung.

Von Melanie Düßel