Debatte um Abschlusspredigt beim Kirchentag geht weiter

Anhaltischer Kirchenpräsident: "Gott ist natürlich nicht queer"

Veröffentlicht am 16.06.2023 um 11:09 Uhr – Lesedauer: 

Dessau/Nürnberg ‐ "Gott ist queer": Mit dieser Aussage sorgte Pfarrer Quinton Ceasar zum Abschluss des Evangelischen Kirchentages für heftige Diskussionen. Auch Tage danach geht die Debatte über die Predigt auch in der evangelischen Kirche selbst weiter.

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Die Diskussion um die Predigt von Pfarrer Quinton Ceasar beim Abschlussgottesdienst des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg geht auch in der evangelischen Kirche weiter. "Gott ist natürlich nicht 'queer', das ist eine Einschränkung, die Gott in keiner Weise gerecht wird", sagte der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, jetzt gegenüber dem MDR. Der Theologe kritisierte zudem die Auslegung des Kirchentags-Mottos "Jetzt ist die Zeit" durch Ceasar: "Die Zeit ist dann da, wenn Gott das für richtig hält. Und wenn jetzt ein Prediger meint, festlegen zu können, wann jetzt was genau Thema sein soll, dann ist das eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und ein theologischer Grundsatzfehler."

Scharfe und teils rassistische Kritik in den Sozialen Netzwerken

Der aus Südafrika stammende und heute im niedersächsischen Wiesmoor tätige Ceasar hatte in seiner Predigt am vergangenen Sonntag unter anderem gesagt: "Jetzt ist die Zeit zu sagen: Gott ist queer" und "Wir sind alle die Letzte Generation". Für diese Äußerungen wurde er vor allem in den Sozialen Netzwerken kritisiert und teils beleidigend und rassistisch angefeindet. Ceasar selbst verteidigte seine Aussagen am Donnerstag gegen die Kritik. Er würde die Predigt nicht nur "genauso halten", sondern sogar noch einige Dinge hinzufügen, sagte der Pfarrer im Deutschlandfunk.

Die Regionalbischöfin für den Propstsprengel Gera-Weimar der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friederike Spengler, räumte im MDR ein, dass Ceasers Predigt einige Reizwörter enthalten habe, für die eine Predigt der falsche Ort sei. Einige Gläubige hätten damit Probleme, dass Gott als queer bezeichnet worden sei. Zugleich stellte Spengler fest: "Ein Gottesbild, was sich festlegt auf einen Sexus, den wir Mann oder Frau nennen, ist jedenfalls nicht das Gottesbild, das ich aus der evangelischen Theologie kenne, sondern es ist ein Gottesbild, was genau diesen Rahmen übersteigt und sprengt und sagt: Ich bin nicht festgelegt darauf. Wenn das damit gemeint ist, dann ist es erstmal eine Aussage, die ich theologisch durchaus ernst nehmen und diskutieren kann."

Kirchentag verurteilt "Welle von Hasskommentaren"

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens wollte die Predigt dagegen nicht bewerten. Der Kirchentag sei eine unabhängige evangelische Laienbewegung. Dessen Gremien entschieden eigenständig über Themen, Redner oder Prediger, so die Landeskirche in einer Stellungnahme. Gegenüber dem MDR teilte sie nur mit: "Ganz grundsätzlich kann und darf über Predigten diskutiert werden, dies entspricht dem evangelischen Gedanken der Mündigkeit aller Gläubigen." Dies solle aber immer respektvoll geschehen mit Achtung vor verschiedenen Glaubenseinsichten, Frömmigkeitsformen und biografischen Erfahrungen.

Der Kirchentag selbst hate in einer Erklärung am Mittwoch "eine Welle von Hasskommentaren" gegen die "Predigenden der Schlussgottesdienste" beklagt. Man verurteile den Hass und die persönlichen Angriffe. Niemand müsse den Aussagen der Predigten oder den Elementen der Schlussgottesdienste zustimmen. Austausch und selbst produktiver Streit darüber seien sogar erwünscht: "Aber Angriffe auf jene, die berechtigt Rassismus und Diskriminierung in der Kirche anprangern, entbehren jeder Form von Anstand und Streitkultur, sie sind zutiefst unchristlich." (stz)