"Zeitschrift für Kanonisches Recht" erscheint in Münster

Neue Zeitschrift: Kirchenrecht praktisch, interdisziplinär und frei

Veröffentlicht am 19.06.2023 um 14:06 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Das Kirchenrecht hat nicht den besten Stand in der Theologie – das geben die Münsteraner Kanonisten selbst zu, die nun eine neue Zeitschrift herausgeben: Sie wollen verfahrene Debatten aufbrechen und das Recht in der Kirche stark machen.

  • Teilen:

Eine neue Zeitschrift will sich rechtstheoretisch, praxisorientiert und interdisziplinär dem Kirchenrecht widmen. Am Montag ist die erste Ausgabe der frei online verfügbaren "Zeitschrift für Kanonisches Recht" (ZKR) erschienen. Im Editorial kündigen die Herausgeber, die Münsteraner Kanonisten Thomas Schüller und Thomas Neumann, an, mit ihrer Publikation "einen Beitrag zur Rechtsfortbildung und gerechteren Anwendung der Gesetze in der Kirche" leisten zu wollen. "Wir haben die Zeitschrift ins Leben gerufen, damit zeitnah auf wichtige kirchliche wie staatliche Urteile eingegangen werden und neue kirchliche Gesetzgebung kompetent und praxisorientiert unkompliziert einem größeren Kreis an Interessenten:innen zugänglich gemacht werden kann", erläutert Schüller gegenüber katholisch.de. Die Entscheidung für eine Publikation nach dem Open-Access-Prinzip, bei dem Artikel kostenlos online und sofort nach Fertigstellung veröffentlicht werden, soll die wissenschaftliche Debatte beschleunigen. "Die einschlägigen Printmedien brauchen hierfür in der Regel zu lange Zeit", so Schüller weiter.

Neben praxisorientierten Artikel sollen auch rechtstheologische Themen behandelt werden. Ein weiterer Schwerpunkt sei der interdisziplinäre Dialog, sowohl mit den anderen theologischen Disziplinen wie mit nichttheologischen Fächern: "Im Dialog der Disziplinen ist es, um das Bild des Rechts als heilsames Instrument aufzugreifen, die Aufgabe der Kanonistik, Risiken und Nebenwirkungen sowie Wirkstoffkombinationen zu erforschen", so die Herausgeber. 

Vorurteile bei den anderen theologischen Fächern

Der innertheologische Dialog sei mehr durch Vorurteile als von einem konstruktiven Dialog geprägt. In der gegenwärtigen kirchlichen Debatte sehen Schüller und Neumann zwei entgegengesetzte Pole in der Bewertung des Rechts: einen "mystizistisch-antijuridischen", der Recht in der Kirche ablehnt, und einen "integralistisch-legalistischen", der das Recht zu sehr in den Mittelpunkt stellt. Beiden Positionen sei eine unterkomplexe Verengung und eine zu einfache In-Eins-Setzung von Recht und Gesetz gemein. Vielmehr müsse es darum gehen, alles, was in der Kirche geschieht, in den Dimensionen des Rechts nachzudenken und das Recht aus der Lehre der Kirche zu entwickeln. "Von daher kann man auch von der Kanonistik durchaus als ins Recht geronnener Dogmatik sprechen", so die Herausgeber.

Innerhalb der Theologie müsse der Dialog daher von der Wertschätzung der unterschiedlichen formalen Perspektiven auf das gemeinsame Glaubensgut geprägt sein: "Zum Beispiel können ohne eine systematisch-theologisch wohl reflektierte Ekklesiologie keine Gesetze über die Struktur der Kirche erlassen oder interpretiert werden." Gleichermaßen verbiete es sich auch, gegen ein Aufgreifen außertheologischer Konzepte zu polemisieren: Es sollte längst der Vergangenheit angehören, jedweden Dialog mit dem Hinweis auf die gottgewollte Struktur der Kirche abzuweisen. "Mit dem Verweis auf die komplexe Wirklichkeit der Kirche (LG 8) ist gerade die Tatsache zu respektieren, dass die Theologie in dieser Welt inkarniert ist. Dies zu leugnen, indem der Dialog verweigert wird, wäre eine Ignoranz des Wesens der Kirche als komplexer Wirklichkeit", so Schüller und Neumann weiter.

Die Beiträge in der ersten Ausgabe befassen sich mit Ordensvermögensrecht, der Entlassung von Ordensleuten aus ihrer Gemeinschaft sowie dem Umgang von Bischöfen mit dem Strafrecht. Dazu kommt ein Gesetzeskommentar zum Motu Proprio "Competentias quasdam", mit dem Papst Franziskus die Dezentralisierung in der Kirche vorantreiben wollte und die Besprechung von kirchlichen und staatlichen Urteilen. Die Zeitschrift begleitet ein eigenes Blog zu aktuellen kirchenrechtlichen Fragen. Im deutschen Sprachraum erscheinen nach Zählung der Herausgeber bislang sieben weitere kanonistische Zeitschriften. Die ZKR ist nach der 1998 begründeten in München erscheinenden Zeitschrift "Nomokanon" die zweite, die im Open-Access-Prinzip erscheint. (fxn)

Zeitschrift für Kanonisches Recht

Die Zeitschrift für Kanonisches Recht wurde im Jahr 2022 gegründet und ist eine ausschließlich online erscheinende Open-Access-Zeitschrift. Bände erscheinen in der Regel einmal im Jahr. Der erste Band wurde am Montag veröffentlicht.