Dreyer: Gut, dass Verfehlungen von Kardinal Lehmann öffentlich wurden
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zeigt sich erschüttert über sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung im Raum der katholischen Kirche. Studien wie die im Bistum Mainz hätten ihr den Atem verschlagen, sagte Dreyer der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" (Montag). Der Bericht habe auch gezeigt, dass der langjährige Mainzer Kardinal Karl Lehmann Opfern kein Gehör geschenkt habe. "Aus Sicht der Betroffenen ist es gut, dass jetzt auch die Verfehlungen dieses großen Kirchenmannes, dem zeitlebens so viel Respekt gezollt worden ist, öffentlich gemacht worden sind", sagte die Ministerpräsidentin.
Weiter sprach sich Dreyer für eine neue gesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen aus. Die in Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs verankerte Regelung "stigmatisiert betroffene Frauen sowie durchführende Ärztinnen und Ärzte und ist nicht mehr zeitgemäß", sagte die Ministerpräsidentin. Sie unterstütze daher Pläne der Bundesregierung, in einer Fachkommission eine Neuregelung außerhalb des Strafgesetzbuchs zu prüfen. SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einsetzung eines solchen Gremiums verständigt. In der im vergangenen März einberufenen Kommission sind Juristen, Ethiker, Mediziner und weitere Wissenschaftler vertreten. Die Gruppe will im kommenden Jahr Vorschläge vorlegen, die die Bundesregierung dann beraten will.
Keine leichten Diskussionen
Dreyer sagte, auf der Basis dieser wissenschaftlichen Empfehlungen gelte es dann, ein neues Gesetz zu erarbeiten. Sie erwarte keine leichten Diskussionen, "aber man muss sehen, dass sich die Zeiten verändert haben. Im Blick auf die schwierigen Situationen, in denen sich schwangere Frauen befinden können, ist das Damoklesschwert des Strafrechts nicht die richtige Antwort."
Derzeit ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen, auch müssen zwischen Beratung und Abbruch mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Ende Mai hatte eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen ergeben, dass eine Mehrheit der Menschen in Deutschland will, dass eine Abtreibung weiterhin als Straftat gilt. Demnach sprachen sich 54 Prozent der Befragten dafür aus, dass der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch erhalten bleibt. 36 Prozent der Befragten waren demnach für eine Abschaffung des Strafrechtsparagrafen; drei Prozent forderten eine Verschärfung. (tmg/KNA)