Ist der Geistliche selbst ein Opfer?

Ex-Pfarrer und sein Schützling wegen Betrugs verurteilt

Veröffentlicht am 27.06.2023 um 11:21 Uhr – Lesedauer: 

Linz ‐ Zusammen sollen sie ihre Opfer um eine sechsstellige Summe betrogen haben: In Österreich wurden deshalb jetzt ein Priester und sein ehemaliger Schüler verurteilt. Für beide war es nicht die erste Konfrontation mit dem Gesetz.

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Weil sie eine Reihe von Opfern um eine sechsstellige Summe gebracht haben, sind ein ehemaliger Pfarrer und ein 52-Jähriger in Linz verurteilt worden. Der Geistliche habe seine Vertrauensposition ausgenutzt, um von Bekannten und Gläubigen Geld zu bekommen und dem mehrfach vorbestraften 52-Jährigen zu geben, zitierte der ORF am Montag die Anklage. Das Gericht verurteilte den Geistlichen demnach wegen schweren Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten, seinen Schützling wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Zusatzstrafe von zwei Jahren. Beide müssen zudem hohe Beträge an die Geschädigten zahlen.

Der Anklage zufolge soll der 52-Jährige 2020 erstmals seinen ehemaligen Religionslehrer um Geld gebeten haben, angeblich für seine Miete. In der Folge habe er jedoch immer öfter und immer mehr Geld gefordert. Der Pfarrer sei daraufhin selbst in eine prekäre finanzielle Situation gekommen und habe laut Anklage das Vertrauen, das viele Gläubige ihm entgegenbrachten, ausgenutzt und sich in seinem Umfeld Geld geliehen. Dabei soll er unter anderem behauptet haben, dass er das Geld für das Begräbnis seiner Schwester benötige. Das Geld habe er dann seinem ehemaligen Schüler gegeben, der es wiederum verspielt habe.

"Jetzt muss mir die Kirche helfen"

Dem Bericht zufolge habe der Priester darauf vertraut, dass sein Schützling ihm das Geld zurückzahlen werde. Der 52-Jährige habe behauptet, dass er viel Geld geerbt habe, aber aktuell noch nicht darauf zugreifen könne. Laut dem Ex-Pfarrer habe er zu ihm gesagt: "Meine Familie hat so viel für die Pfarre getan, jetzt muss mir die Kirche helfen." Außerdem habe der 52-Jährige mit Suizid bedroht. Darüber hinaus seien die Erläuterungen des Angeklagten für ihn immer plausibel gewesen. Selbst als seine Haushälterin ihn gewarnt habe, dass er vielleicht einem Betrüger aufsitze, sei er nicht ins Zweifeln gekommen.

Für beide ist es nicht die erste Konfrontation mit dem Gesetz: Laut Staatsanwalt habe es in der Vergangenheit bereits eine Anzeige wegen einer "ganz ähnlichen Geschichte" gegen den mittlerweile entpflichteten Pfarrer gegeben. Der Geistliche sei damals mit einer Diversion davongekommen, berichtet der ORF. Das bedeutet, dass auf die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens verzichtet wurde und der Beschuldigte sich einer Maßnahme unterworfen hat. Der zweite Angeklagte habe bereits vier Vorstrafen und ist wegen eines anderen Betrugs bereits zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Auf dieses Urteil bezieht sich auch die Zusatzstrafe. (cbr)