Dominikanerpater: Katholische Kirche auf bestem Weg zur Sekte
Der Dominikanerpater Albert Seul hat die Reformunfähigkeit der katholischen Kirche kritisiert. "Wir sind auf dem besten Weg, zur Sekte zu verkommen", sagte er dem SWR (Donnerstag). "Ich kann in keiner Weise erkennen, dass man von Seiten der Weltkirche bereit ist, Veränderungen anzustoßen." Eine Lockerung des Zölibats und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt hätten seiner Meinung nach bereits vor 30 Jahren eingeleitet werden müssen.
Angesichts der Austrittszahlen aus der katholischen Kirche forderte der Ordensmann einen ungeschminkten Blick auf die Probleme der Kirche und die Offenheit, alles kritisch zu hinterfragen. Er habe sogar Verständnis für Menschen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, sagte Reul dem SWR: "Angesichts der derzeitigen Großwetterlage in der katholischen Kirche mit der zögerlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und der Diskussion um den Kölner Kardinal Woelki kann ich die Leute verstehen, wenn sie sagen, das ist nicht mehr mein Verein."
Die Rekordhöhe der Austrittszahlen sei für ihn zwar "von der Tendenz absehbar gewesen, aber in dieser Höhe trotzdem überraschend", so der Pater. Am Mittwoch veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz die Kirchenstatistik für das Jahr 2022. Demnach sind im vergangenen Jahr insgesamt 522.821 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Pater Reul ist Wallfahrtsrektor im Wallfahrtsort Klausen und Priester in der Pfarreiengemeinschaft Salmtal im Bistum Trier. Auch dort beobachte er, dass die Austrittszahlen seit Jahren stiegen. Es seien vor allem Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die nichts mehr von der Kirche wissen wollten. "Jüngere, aber auch Ältere, die früher in der Kirche aktiv waren", so der Dominikaner. (cbr)