Gemeinsam für Religionsfreiheit eintreten
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Da sind die – zuvor angekündigten – Koran-Verbrennungen in Schweden. Wahnsinn. Oder der extremistische israelische Siedler, der mit seinem Hund gezielt in die Moschee von Orif im Westjordanland eindringt und dann, während es in seinem Rücken qualmt, Koran-Ausgaben zerreißt. Wahnsinn. Da sind, vor wenigen Tagen, die Jugendlichen, die in Frankfurt eine jüdische Besuchergruppe bedrängten und antisemitisch beleidigten. Oder die Rotzerei auf christliche Ordensleute in Jerusalem. Oder jener rechtsextreme AfD-Politiker aus Thüringen, Mitglied des Landtages, der Suleman Malik, der seit Jahrzehnten in Erfurt lebt und den ersten Moschee-Neubau in den ostdeutschen Bundesländern vorantrieb, verbal bedrängte. Malik spricht von "Volksverhetzung". Alles Wahnsinn.
Die Liste der erschütternden Beispiele ließe sich fortsetzen. Angriffe auf Gläubige, auf Glaubensüberzeugungen, auf religiöse Symbole, auf das, was Menschen heilig ist. Es sind Angriffe auf die Religionsfreiheit. Schon vor Jahren sprach der Jerusalemer Benediktinerabt Nikodemus Schnabel mit Blick auf religiöse Extremisten von "Hooligans der Religion". Vielleicht muss man heute auch von "Terroristen der Religion" sprechen. Menschen, die – zum Teil auch im Namen von Religion – sich geradezu Terror wünschen.
Es ist gut, dass die beiden großen Kirchen in dieser Woche zum dritten Mal einen "Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit weltweit" vorlegen. in Nicaragua gibt es geradezu eine Christenverfolgung. In Pakistan wächst der Druck auf Nicht-Muslime, häufig auf Christen. Ähnliches in Indien und Myanmar. Es ist gut, die Not vieler Christen weltweit nicht zu vergessen. Aber die gesamte Entwicklung der Weltlage generell wirkt wie ein Angriff auf die Religionsfreiheit. Putins Diktatur mit einer gleichgeschalteten Kirche und aufflackerndem Judenhass ist nur das gegenwärtigste Beispiel.
Wo Religionen stören, geraten sie unter Druck. Im Sudan und Nicaragua, bei den leidenden Yeziden im Irak oder verschiedenen Minderheiten in China. Wo Despoten Sündenböcke brauchen, ziehen sie die religiöse Karte. Aber es gilt auch: Wenn in Europa der Sinn für das Religiöse schwindet, verblasst das Bewusstsein für die Freiheit der Religionen. Deshalb gilt es, gemeinsam für die Religionsfreiheit einzutreten. Das können Initiativen in einzelnen Orten oder auf großer Bühne sein. Gewiss wird das internationale Treffen von Sant‘Egidio "Religionen und Kulturen im Dialog" Mitte September in Berlin das eindrücklich zeigen. Agiert miteinander, steht einander bei! Wie sagte einst Hans Küng: "Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen." Das ist heute drängender denn je.
Der Autor
Christoph Strack ist Leiter des Bereichs Religionen der Deutschen Welle.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.