Mein Weg mit Gott
Vor der Rückfahrt erbat ich mir einen freien Tag: Da ich nie wieder nach Detmold kommen würde, wollte ich gerne die Gelegenheit nutzen und zum Hermannsdenkmal wandern. Den freien Tag bekam ich - aber nach Detmold und zum Hermann kam ich noch oft. Es ist jetzt acht Jahre her, dass ich am Ende meines Besuchs dachte: "Lieber Gott, die Frauen in diesem Säkularinstitut sind alle schrecklich nett, und die machen echt einen guten Job – aber für mich ist das nichts." Der liebe Gott sah das wohl anders.
Ich hatte starke Vorbehalte gegen Säkularinstitute. Für mich war das "nichts Halbes und nichts Ganzes", so viel stand fest. Eigentlich zog ich sowieso nur Ordensgemeinschaften in Betracht, und zwar solche, in denen ein Ordenskleid getragen wird. Die Leute sollten gleich sehen, dass da jemand im Auftrag des Herrn unterwegs war.
"Soll das meine Gemeinschaft werden?"
Heute bin ich drin in diesem Säkularinstitut, und man sieht mir nichts an. Ich trage weltliche Kleidung, habe einen weltlichen Namen und lebe in einer kleinen, aber sehr normalen Wohnung. Als Journalistin habe ich auch noch einen völlig normalen Beruf. Nicht eines meiner Kriterien ging in Erfüllung. Dennoch sehe ich mich am richtigen Ort. Gott hat mich auf meinem Weg herausgefordert. Zunächst, als er mir auf einer Romreise mit katholischen Studenten ins Herz pflanzte, dass er etwas anderes von mir wollte. Ganz behutsam warb er um mich, damit ich meine Lebenspläne für ihn umwarf: Nicht mehr ein Mann und eine Fußballmannschaft von Kindern sollten mein Lebensinhalt werden, sondern er. Der Gedanke, ihm mein Leben zu schenken, ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Also besuchte ich verschiedene Gemeinschaften. Bei jeder wusste ich früher oder später: "Die ist es nicht." Als ich überzeugt war, dass es für mich keinen Ort gibt, kam ich nach Detmold in das Zentrum des Instituts St. Bonifatius, eine missionsbenediktinische Einrichtung, und dachte: "Hier ist es auch nicht." Aber Gott fand immer wieder Gründe für mich, erneut hinzufahren – ein Facharztbesuch in der Nähe, ungestörtes Lernen fürs Examen – und nach einigen Aufenthalten, Gesprächen, Mitarbeit in verschiedenen Bereichen bröckelte mein Widerstand. In meinen Gebeten fragte ich auf einmal in aller Offenheit: "Soll das etwa wirklich meine Gemeinschaft werden?"
So kam es, dass ich noch einmal meine Koffer packte und eine kleinere Gruppe besuchte. Ich flog nach Paris, wo Frauen des Instituts damals noch das Foyer Porta leiteten, ein Wohnheim für Studentinnen, Praktikantinnen, junge Berufstätige. Es war ganz anders als in Detmold. Dort lebten 60 Frauen, hier nur fünf. Hier war der Lebensmittelpunkt das Foyer, aber dennoch gerieten die Gebetszeiten nie aus dem Blick. Und ich stellte fest: Auch hier fand mich Gott.
Die Ausbildung beginnt
So trat ich nach meinem ersten juristischen Examen ins Institut St. Bonifatius ein. Das erste halbe Jahr war ein unverbindliches Mitleben, und zwar in Talavera in Spanien. Dort unterhält das Säkularinstitut St. Bonifatius ein Wohnheim für Immigrantinnen mit und ohne Kinder. Die meisten von ihnen waren vor ihren Männern geflohen, die sie misshandelt hatten. Mit diesen Erfahrungen und um eine Fremdsprache reicher, begann ich ein halbes Jahr später die Formungszeit – die eigentliche Ausbildung.
Das erste Jahr lebte ich in Münster, lernte das geistliche Leben und arbeitete ehrenamtlich bei der Bahnhofsmission. Meine Mitschwestern unterrichteten mich in Stundengebet, Betrachtung, Altem und Neuem Testament, der Benediktsregel und den Konstitutionen, Institutsgeschichte. Dazu studierte ich Theologie im Fernkurs und nahm am Stadtnoviziat teil. Kurz: Ich lernte, was Leben mitten in der Welt bedeutet – in einem Säkularinstitut eben.
Im zweiten Jahr der Formungszeit ging es um den praktischen Einsatz: Ich half vier Monate in Detmold in der Öffentlichkeitsarbeit. Wir wollten nach außen vermitteln, wie unsere internationale Gemeinschaft wirkt: in Afrika in Ernährungs- und Gesundheitszentren, in Guatemala im unermüdlichen Einsatz für Menschenwürde und Gewaltlosigkeit. Und auch in Europa als Sauerteig Gottes in der zunehmend säkularisierten Welt.
Nach der Ausbildung folgte das Gelübde
Danach folgten fünf Monate in unserer Familienferienstätte Michaelshof in der hessischen Rhön. Arbeit gab es stets genug. Meine eigentliche Aufgabe war aber, das im ersten Jahr erlernte geistliche Leben nicht aus dem Blick zu verlieren. Gar nicht so einfach, wenn der Alltag mit seinen Pflichten und Mühen zuschlägt.
Endlich, endlich kam der Tag meiner ersten Gelübde: Jetzt durfte ich mein "Ja" festmachen, schriftlich, und ich durfte es aller Welt verkünden. Singen wollte ich, und ich tat es – und meine Mitschwestern mit mir. Wie es alle Benediktiner auf der ganzen Welt bei der Profess tun, sang ich das "Suscipe": "Nimm mich auf, o Herr, nach deinem Wort, damit ich lebe. Lass mich in meiner Hoffnung nicht scheitern!"
Tag für Tag gehe ich meinen Weg mit ihm, in meinem neuen Beruf – den ich ohne meine Gemeinschaft nie gefunden hätte. Denn meine Mitschwestern waren es, die mein Talent zum Schreiben entdeckten, und sie schlugen vor: "Willst Du nicht Journalistin werden?" Ich wollte – ich will – und ich bin glücklich damit. Mein Leben findet mitten in der Welt statt. Es wird durchdrungen und erfüllt vom Gebet und der Beziehung zu Gott. Heute, im dritten Jahr meiner Gelübde, kann und will ich mir kein anderes Leben vorstellen.