Karrieredenken in der Kirche: Prestige ist keiner der Namen Gottes
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Im Jesuitenorden wird man in ein Führungsamt gerufen und gesandt – man kann sich nicht bewerben oder es anstreben. Das Amt, in das man gesandt ist, nimmt man gehorsam an. Einige Jahre lang übt man es aus, wohl wissend, dass nach dem "Oben" wieder ein "Unten" kommen wird. Die Rückkehr ins Glied ist von Beginn an vorgesehen – für den Betroffenen ist das Herauskommen aus dem Amt bisweilen schwerer als vorher das Hineinfinden. Aber der häufige Wechsel ist heilsam: Ämter sind auf Zeit verliehen, jeder wird immer wieder neu nach Gaben und Grenzen positioniert, Machtstrukturen und amtliches Selbstbewusstsein verfestigen sich nicht zu sehr, durch die regelmäßigen Wechsel bleiben Beziehungen und Institutionen beweglicher. So geht das in den meisten Orden.
In der "Welt" geht das anders: Karriere geht eigentlich immer nur "nach oben". Schon wenn einer lange auf demselben Karrierelevel bleibt, wirkt das anrüchig. Neue Aufgaben müssen mindestens dem vorherigen Status (und dem Gehalt) entsprechen, besser noch diesen übertreffen.
Der katholische Klerus "tickt" in manchem ziemlich weltlich: Zum Beispiel kann ein langjähriger Dekan eigentlich nur noch Weihbischof werden; ein Kurien-Erzbischof erwartet, wenn er nicht mehr gebraucht wird, irgendwo eine eher höhere Aufgabe; ein Kardinal bleibt, wenn er nicht Papst wird, sein Leben lang Kardinal – warum eigentlich? Dass residierende Bischöfe zurück ins Glied treten und als Weihbischöfe eingesetzt werden, passierte neulich in Frankreich; selbst bei uns meldete es die Presse als seltsamen Vorgang. Dass der Papst einen Erzbischof nach Ablösung von seinen römischen Ämtern einfachhin "nach Hause schickt", wird weltweit (!) in den Medien als "Degradierung" und "Demütigung" bezeichnet. Diese Denke finde ich ganz schön weltlich und dann auch klerikal …
Papst Franziskus ist Jesuit: Er denkt nicht in Würden, nicht in "oben" und "unten". Zum Dienst wird man gerufen, später gibt es neue Dienste, und jeder arbeitet, was er kann und soll, nicht mehr und nicht weniger. Prestige ist keiner der Namen Gottes. Ämter, Würden und Ehren sind auf Zeit verliehen und gebühren zuletzt allein Gott.
Der Autor
Pater Stefan Kiechle SJ ist seit 2018 Chefredakteur der Zeitschrift "Stimmen der Zeit". Zuvor leitete er sieben Jahre die Deutsche Provinz des Jesuitenordens.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.