Wie Escape Games den Glauben vermitteln können
Brauchen wir eine Gamification in der Jugendseelsorge? Sebastian Trefon ist Pastoralassistent im Bistum Augsburg. Er hat ein Escape Game entwickelt, das kostenlos bei Jugendfreizeiten, im Reliunterricht und in der Katechese verwendet werden kann. Im Interview mit katholisch.de berichtet er, was die Kinder dabei für ihren Glauben mitnehmen können und warum Vielfalt in der Pastoral für ihn ausschlaggebend ist.
Frage: Herr Trefon, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Escape Game in der Jugendseelsorge einzusetzen?
Trefon: In meiner Studienzeit habe ich ein verpflichtendes Praktikum gemacht. Das war in der Ministrantenseelsorge und dort hatte ich die Gelegenheit, ein Escape Game zu entwickeln. Ich wollte das immer schon mal machen, habe mir die Geschichte ausgedacht und das Spiel auch mit ein paar Gruppen gespielt. Da es sehr gut ankam, habe ich einen Auftrag von einer Pfarrei bekommen, die das im Rahmen einer Ferienfreizeit spielen wollte. Mittlerweile biete ich es in einer überarbeiteten Variante zum Verleih an.
Frage: Worum geht es in dem Spiel?
Trefon: Es dreht sich um eine Schulklasse im fiktiven Israel, der Lehrer ist im Urlaub und stellt den Kindern eine Aufgabe: Der Hausmeister lässt sie erst raus, wenn sie die Rätsel gelöst und den Schatz entdeckt haben. Die Kinder sollen die hebräische Sprache und das Schriftsystem kennenlernen. Natürlich in einer vereinfachten Form.
Frage: Was ist das Besondere beim Einsatz von Escape Games in der Jugendseelsorge?
Trefon: Ich nutze in der Seelsorge gerne Spielformen, weil sie eine Botschaft vermitteln. Im Frontalunterricht geht das natürlich auch, aber das ist oft langweilig. Die Leute gehen freiwillig in die Jugendgruppe, weil es ihnen Spaß macht. Spielen fördert ihre Kreativität. Im Escape Room hat man diesen beengten Raum, der auf der einen Seite natürlich irgendwie einengend wirken kann, auf der anderen Seite hat man aber in einem Raum alle Möglichkeiten, das Rätsel zu lösen - mit der Bibel und anderen Hilfsmitteln. Man muss außerdem versuchen, gut miteinander zu kommunizieren und Entscheidungen zu treffen. Das kann auch scheitern. Scheitern zu lernen, ist im menschlichen Leben grundlegend. Es ist auch im Glauben ganz normal, dass man auf Herausforderungen und Hindernisse stößt. So soll religiöses und soziales Lernen miteinander verbunden werden.
Frage: Aber ist Glaube nicht eigentlich etwas eher Besinnliches? Und widerspricht das nicht diesem Escape Game Charakter?
Trefon: Glaube hat etwas Besinnliches, aber auch eine aktive Komponente. Wir haben nicht umsonst die Grundvollzüge des Glaubens: Liturgie, Zeugnis, Diakonie und Gemeinschaft. Die Gemeinschaft zwischen Menschen ist immer etwas Aktives. Es ist für einen Menschen wichtig, frei zu sein und freie Entscheidungen treffen zu können in einem Rahmen, der spielerisch ist. Man erhält einen anderen Zugang auf Fragen des Glaubens. Die Speisung der Fünftausend im Neuen Testament stelle ich mir so vor, dass die Leute nicht nur herumgesessen und Jesus zugehört, sondern auch miteinander geredet haben. Die Kinder haben sicherlich gespielt, die Erwachsenen haben vielleicht auch gespielt.
Frage: Nehmen die Jugendlichen den Glaubensaspekt im Escape Game überhaupt wahr oder haben sie nur Spaß?
Trefon: Auf der einen Seite ist es sehr wichtig, dass Jugendliche ihren Glauben ausdrücken können, aber es ist natürlich auch von großer Bedeutung, die Jugendlichen zum Denken über die religiösen Themen der Spiele anzuregen. Sie nehmen das zumindest unbewusst wahr. Und sie können das auch für ihren eigenen Glauben nutzen, wenn sie zum Beispiel mehr über die ursprüngliche Sprache der Bibel erfahren.
Frage: Glauben Sie, dass die Kirche solche Angebote haben muss, um Jugendliche heute noch zu begeistern?
Trefon: Ich finde die Vielfalt der Angebote wichtig. Ich bin immer der Meinung, dass die Kirche den besten Inhalt aller Zeiten hat. Verweisen möchte ich auf die Kinderbibel des Professors für Religionspädagogik an der Universität Augsburg, Prof. Georg Langenhorst, deren Titel „Die beste Geschichte aller Zeiten“ lautet. Jedoch fehlt es oftmals an der Attraktivität der Verpackung. Die Kirche muss sich in Konkurrenz mit anderen Angeboten, mit anderen Institutionen beweisen. Und in dieser Hinsicht muss sie sich auch anpassen. Wir sollten für alle Gruppen unterschiedliche Angebote parat haben, bei denen man selber entscheiden kann, ob sie einen interessiert. Es gibt Leute, die aktiver sind, wie ich zum Beispiel, die es sehr gerne mögen, zu spielen und miteinander Gemeinschaft zu feiern. Es gibt aber auch Leute, die sich in stillen und besinnlichen Gebetsformen wohlfühlen. Das finde ich genauso gut.
Frage: Sehen Sie sich in Konkurrenz mit großen Herstellern von Escape Games?
Trefon: Ich sehe mich tatsächlich gar nicht als Konkurrenz. Mein Spiel ist kostenlos verfügbar, ich finde es wichtig, dass solche Angebote für Reliunterricht und Jugendarbeit kostenlos sind, weil man sich in der Kirche um den Herrn versammelt und gegenseitig unterstützt. Und ganz ehrlich, ich mach das alles, weil mir das Spaß macht. Wenn ich unter dem Baum gegenüber der Kirche liege und nach oben schaue, kommen mir immer ganz viele Ideen für weitere Spiele. Es ist also noch lange nicht Schluss.
Das Escape Game "Das Klassenzimmer" von Sebastian Trefon kann hier kostenlos angefragt werden.