Wübbe: Kontroverse Themen wurden in Lissabon nicht ausgeklammert
Der Weltjugendtag in Lissabon hat nach Einschätzung von Jugendbischof Johannes Wübbe eine gute Mischung zwischen Glaubensfest und ernsthaften Gesprächen geboten. Es seien Tage der "Leichtigkeit im Glauben" gewesen, ohne die Lebensrealität auszublenden, sagte der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am Samstag bei der Abschlusspressekonferenz der deutschen Delegation in Lissabon. Bei den vielen Veranstaltungen seien die kontroversen Themen der kirchlichen Reformdebatte nicht ausgeklammert worden. Wübbe führt die deutsche Delegation beim Weltjugendtag an.
Die Tage in Lissabon hätten gezeigt, dass sich viele junge Leute Veränderungen in der Kirche wünschten, so Wübbe weiter. Beim den Gesprächen über Glaubens- und Zukunftsfragen der Kirche hätten die Pilgerinnen und Pilger lernen müssen, dass man allerdings Unterschiede aushalten müsse. "Das gilt in einer immer stärker polarisierten Gesellschaft ebenso wie in der Kirche", sagte Wübbe. Katholische Kirche bedeute Einheit in der Vielfalt. Sie solle ein Ort sein, bei dem viele Formen des Glaubens gelebt werden können, ohne anderen die Rechtfertigung abzusprechen.
Der Präses des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Stefan Ottersbach, sagte, er habe in Lissabon einen lebendigen Glauben erlebt, der begeistern könne. Auch er betonte, dass bei den Gesprächsformaten wie den Katechesen sehr kontrovers darüber gesprochen worden sei, wie die Zukunft der Kirche aussehen soll. In Lissabon sei deutlich geworden, dass es nicht nur "die eine Form" des katholischen Glaubens, gebe, "sondern eine Fülle". Allerdings wies Ottersbach darauf hin, dass während des Weltjugendtags manchmal Grenzen überschritten worden seien. Als Beispiele nannte er die erzwungene Mundkommunion bei einem Gottesdienst mit deutschen Teilnehmern und dass Pilger, die eine Regenbogen-Fahne dabeigehabt hätten, von Weltjugendtags-Volunteers angegangen worden seien.
Frage nach Verbleib in der Kirche
Viele junge Menschen hätten die Frage thematisiert, ob und wie lange sie selbst noch in dieser Kirche bleiben können, erklärte Ottersbach. Dabei sei eine tiefe Enttäuschung über sexualisierte Gewalt in der Kirche und deren Vertuschung sowie ausbleibende Reformen im Blick auf Machtstrukturen und die Anerkennung queerer Menschen deutlich geworden. "Ich hoffe, dass Papst Franziskus diese Stimmen gehört hat und die Perspektiven junger Menschen bei der kommenden Weltsynode berücksichtigt werden."
Die Pilgerin Judith Westkamp (26) aus dem Erzbistum Paderborn empfahl jungen Menschen, die an Gott glauben möchten, ihren Platz in der Kirche aber noch nicht gefunden hätten, zum Weltjugendtag zu fahren. Sie sei begeistert von der Offenheit, mit der sich die Pilgerinnen und Pilger untereinander begegneten. Diese "bedingungslose Herzlichkeit" möchte sie nach Deutschland mitnehmen. Emilie Pardula (16) aus dem Bistum Dresden-Meißen fügte hinzu, sie blicke nach den Erfahrungen auf diesem Weltjugendtag positiv in die Zukunft der Kirche.
Am Samstagabend beginnen mit einer Vigil mit Papst Franziskus die Höhepunkte der Feierlichkeiten zum Weltjugendtag. Am Sonntag wird er die Abschlussmesse zelebrieren. Erwartet werden dazu etwa eine Million Teilnehmer. Aus Deutschland nehmen rund 8.500 Pilgerinnen und Pilger am Weltjugendtag teil. (mal)