Nach Unglück vor Lampedusa: Sant'Egidio fordert sichere Fluchtwege
Nach einem weiteren Bootsunglück mit Migranten im Mittelmeer haben mehrere internationale Organisationen erneut sichere Einwanderungs- und Fluchtwege nach Europa gefordert. Die Gemeinschaft Sant'Egidio rief die EU und alle Mittelmeerstaaten am Mittwoch auf, alles zu tun, um in Seenot geratene Migranten zu retten. Keinesfalls dürfe man sich auf Empörung oder die "kalte Aktualisierung der dramatischen Opferzahlen" beschränken. "Wir müssen uns aus der Erstarrung lösen und Ressourcen in die Rettung der gefährdeten Menschen investieren", hieß es in einer Mitteilung. Gemeinsam mit anderen kirchlichen Organisationen und der italienischen Regierung organisierte Sant'Egidio in den vergangenen Jahren wiederholt sogenannte humanitäre Korridore für Flüchtlinge. Betroffenen wird so eine sichere und legale Einreise ermöglicht.
Die EU-Staaten müssten mehr Ressourcen für Such- und Rettungsoperationen bereitstellen, verlangten das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das Kinderhilfswerk Unicef in einer gemeinsamen Stellungnahme am Mittwoch. Sie bekundeten Trauer über die Opfer des "schrecklichen Schiffbruchs". Zuvor am gleichen Tag brachte die italienische Küstenwache vier Überlebende, deren Boot auf der Fahrt vom tunesischen Sfax aus offenbar gekentert war, nach Lampedusa. Laut Aussage der Geretteten hatten sich 41 weitere Personen auf dem Kahn befunden. Der Vorfall ereignete sich demnach vergangene Woche zwischen Donnerstag und Freitag.
Die UN-Organisationen geißelten die "völlige Skrupellosigkeit" der Schlepper, die untaugliche Barken trotz aktuell widriger Wetterbedingungen auf den Weg nach Europa brächten und somit die Passagiere der Gefahr eines Todes auf See aussetzten. Erst vor wenigen Tagen seien eine Mutter und ein Kind vor Lampedusa ums Leben gekommen. Nach der Statistik des "Missing Migrants"-Projekts der IOM starben oder verschollen seit Jahresbeginn 2.063 Migranten und Flüchtlinge im Mittelmeer, 1.815 von ihnen auf der zentralen Mittelmeerroute. Die Überfahrt nach Italien und Malta gehört laut IOM zu den gefährlichsten weltweit. Von den Migranten, die in den vergangenen zehn Jahren auf dem Seeweg in die EU ihr Leben verloren, starben mehr als 75 Prozent auf dieser Strecke. (rom/KNA)