Wie ein junger Ordensmann eine alte Gebetstradition neu beleben will
Dunkle Gänge, zusammengekauerte Menschen. Sie symbolisieren Folteropfer. "Folter ist nicht Geschichte von gestern", sagt Papst Franziskus in einem weltweit verbreiteten Video. "Leider ist sie Teil unserer heutigen Geschichte." Deshalb bittet er im Juni dieses Jahres um das Gebet für die Abschaffung der Folter. Er tut dies in einem besonderen Rahmen: dem Weltweiten Gebetsnetzwerk des Papstes. Unter verschiedenen Namen gibt es das seit über 150 Jahren – und ein Jesuit aus dem Norden möchte es in Deutschland bekannter machen.
Der Hamburger Dag Heinrichowski SJ (32) leitet seit einem guten Jahr das Gebetsnetzwerk des Papstes in Deutschland. "Ehrenamtlich", sagt er. Deswegen ist seine korrekte Amtsbezeichnung auch "Koordinator" und nicht "Direktor", wie hauptamtliche Kollegen in den rund 90 weiteren Ländern des Gebetsnetzwerks heißen.
Das Gebetsnetzwerk des Papstes gibt es seit 1844. Damals hieß es noch Gebetsapostolat, erklärt Nationalkoordinator Heinrichowski – "Damit kann heute fast niemand mehr etwas anfangen." Die Aktion hat ihren Ursprung bei jungen Jesuiten in Frankreich. Sie hörten während ihres Studiums, was in der Welt los sei und drängten darauf, in die Mission zu dürfen.
"Du wirst ja nicht Jesuit, um in der Bibliothek zu sitzen", sagt Heinrichowski. "In der Regel willst Du ja raus und die Menschen dabei begleiten, das Reich Gottes zu entdecken." Nun steht bei den Jesuiten aber auch die Bildung an wichtiger Stelle, sodass das eine nicht ohne das andere zu haben war. Schließlich sei ein Spiritual der Studenten auf die Idee gekommen, sie könnten die Mission doch durch ihr Gebet unterstützen.
Dahinter steht die Überzeugung, dass Gebet etwas verändere, erzählt Heinrichowski. Zudem wurde es möglich die verschiedenen Aufgaben der Kirche im Gebet zu begleiten – ganz unabhängig davon, wer man war oder was man konnte. Diese Idee wurde dann von Papst Pius IX. aufgenommen, sagt Heinrichowski. Seitdem gibt es monatlich ein Gebetsanliegen des Papstes, dessen Verbreitung den Jesuiten aufgetragen ist.
In seiner Rolle als Nationalkoordinator will Heinrichowski das Gebetsnetzwerk nun stärker in die Medien bringen. Er organisiert digitale Vorträge und Talks zu den Monatsthemen, um über den Tellerrand hinauszuschauen. Zuletzt betete das Gebetsnetzwerk beispielsweise für die Synodalität in der Kirche. Da lud Heinrichowski Viola Kohlberger zu einem Gespräch über Synodalität auf Instagram ein. Als es um Gefangene ging, organisierte er eine Veranstaltung mit einem Gefängnisseelsorger. Diese Gespräche seien sehr bereichernd, erzählt er. Sie weiten den Blick und zeigen, was Kirche alles ausmache.
Das Gebetsnetzwerk des Papstes
Das Gebetsnetzwerk des Papstes gibt es seit 1844. Auf der Homepage des Netzwerks informieren die Jesuiten über Gebetsanliegen und Aktionen.
Zum Gebetsnetzwerk gehört mittlerweile auch die App "Click to pray". Sie bietet drei Impulse am Tag. Am Morgen können Beterinnen und Beter beispielsweise darin einen kurzen Impuls abrufen, ein Zitat aus dem Tagesevangelium lesen und bekommen eine Reflexionsfrage mit auf den Weg durch den Tag. Mittags bietet die App ein Zitat des Papstes und am Abend einen Tagesrückblick.
Der Tagesrückblick ist Heinrichowski Lieblingsgebetszeit. Das "Examen" wie er es nennt, sei wie Zähneputzen für ihn. "Das ist mir einfach unglaublich wertvoll geworden in den letzten Jahren und fällt nicht weg – egal wie spät oder von wo ich herkomme." Bei dieser Gebetszeit reflektiert er ausgiebig den Tag, Begegnungen und Erlebnisse.
Diese Gebetsform ist jetzt auch im neusten Projekt des Gebetsnetzwerks möglich: dem Podcast "einfach beten!". Heinrichowski versteht den Podcast als Gebetshilfe. Seit einigen Monaten produziert er mit einem kleinen Team Podcastfolgen, einmal die Woche sind das zehn Minuten. Darin wird das Sonntagsevangelium gelesen und auf ignatianische Weise betrachtet, das heißt wie auf einer Kinoleinwand, in dem sich der Leser bzw. Hörer befindet. "Wie bei ignatianischen Exerzitien", sagt Heinrichowski.
Ab Advent plant das Team, täglich Folgen zu veröffentlichen und so noch mehr Gebetshilfen zur Verfügung zu stellen. Doch bei allen Ideen und Plänen geht es Heinrichowski vor allem darum, Werbung für Gebet und Gebetsformen zu machen. "Ich kann mir gut vorstellen, dass Leute auch wieder aus unserem Podcast rauswachsen", sagt er. Es wäre doch schön, wenn dann jemand sagt: "Ach, zwölf Minuten sind mir zu wenig. Ich nehme die Bibel jetzt mal selbst in die Hand und setze mich eine halbe Stunde hin." So verschieden wie die Spiritualitäten sind, so verschieden können auch die Zugänge zum Gebet sein. Diese Wege zu bahnen ist seine Mission.
Podcast: einfach beten!
In kurzen Episoden von 10 bis 15 Minuten betrachtet der Podcast des Gebetsnetzwerks Bibeltexte. Verschiedene Musiktitel und anleitende Fragen sollen helfen, sich einzustimmen. Der Podcast "Einfach beten!" erscheint immer donnerstags und an Feiertagen.