Hans-Walter Wegmann vertrat Missbrauchsbetroffenen Menne

Opferanwalt: Schmerzensgeldverurteilungen können Kirche helfen

Veröffentlicht am 14.08.2023 um 11:51 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ Hans-Walter Wegmann gehört zu den Anwälten eines Missbrauchsbetroffenen, dem das Erzbistum Köln 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen muss. Derartige Prozesse könnten der Kirche helfen, betont er – denn dabei begegne sie Opfern auf Augenhöhe.

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Nach Ansicht des Bonner Anwalts Hans-Walter Wegmann können Schmerzensgeldverurteilungen in Missbrauchsprozessen für die Kirche auch hilfreich sein. "Weil die Kirche damit zur Verantwortung gezogen wird. Und sie begegnet den Opfern auf Augenhöhe", sagte Wegmann im Interview des Schweizer Portals "kath.ch" (Sonntag). Wenn sich Missbrauchsbetroffene früher an die Kirche gewandt hätten, sei ihnen nicht geholfen, sondern gedroht worden. "Im Gerichtssaal begegnen sich die ehedem schwachen Opfer und die übermächtige Institution auf Augenhöhe." Das sei ein nicht zu unterschätzender "Genugtuungsfaktor".

Wegmann gehört zu den Anwälten des Missbrauchsbetroffenen Georg Menne, dem das Erzbistum Köln 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen muss. Das Urteil des Landgerichtes Köln vom Juni dieses Jahres gilt als wegweisend, da zum ersten Mal ein deutsches Gericht einem Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kirche einen Anspruch auf Schmerzensgeld zubilligte. Da innerhalb der entsprechenden Frist sowohl von Menne als auch vom Erzbistum Köln keine Rechtsmittel eingelegt wurden, ist es rechtskräftig. Aktuell bereiten Wegmann und seine Kollegen eine Klage eines weiteren Missbrauchsopfers gegen das Erzbistum Köln vor.

Bei UKA "keine Begegnung auf Augenhöhe"

Kritik übte Wegmann am Zahlungssystem der deutschen Bischöfe für Anerkennungsleistungen an Missbrauchsbetroffene. Man habe im Fall Menne versucht, mit dem Erzbistum einen außergerichtlichen Weg zu finden, sei aber an die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) verwiesen worden. "Aber dort gibt es keine Begegnung auf Augenhöhe. Der Verweis auf die UKA ist ein Abschieben – sowohl der Opfer als auch der Verantwortung", so der Anwalt. Das einzelne Bistum werde nicht zur Rechenschaft gezogen. "Wir wollten erreichen, dass das Erzbistum Köln gegenüber Herrn Menne anerkennt, dass die Bistumsführung von dem Leid wusste, das ihm angetan wurde. Und dass sie dieses systematisch vertuscht hat."

Wegmann betonte weiter, dass er der Kirche mit derartigen Prozessen nicht schaden wolle. "Ich bin Katholik und tief besorgt um meine Kirche, die einen Exodus der Menschen erlebt." Er wolle, dass sich seine Kirche ihren Problemen stellt und Verantwortung übernimmt. "Es ist der einzige Weg, damit es der Kirche wieder besser gehen kann. Die Menschen müssen sehen, dass die moralpredigende Kirche selbst moralisch handelt." (mal)