Scheidender Regens Niehues: Neue Wege des Priesterseins ausprobieren

Der scheidende Münsteraner Regens Hartmut Niehues wünscht sich bei der Frage nach Frauen in Weiheämtern und verheirateten Priestern "konkrete Schritte". "Diese beiden Fragen sollten wir nicht mit dem Blick auf die Zahlen diskutieren. Dafür sind sie an sich viel zu wichtig", sagte er im Interview mit dem Internetportal "Kirche+Leben" (Dienstag). Es brauche aber einen viel weitergehenden Umkehrprozess in der Kirche. "Wir brauchen eine Erneuerung im Glauben, jenseits aller Strukturdebatten. Wir brauchen die Besinnung darauf, dass wir eine Gemeinschaft sind, die von Gott zusammengerufen ist", forderte der Regens. Dort, wo es zu leben gelinge, dass Gott in den Sakramenten bei den Menschen sei, mache er sich keine Sorgen, "dass Menschen sich dafür in den Dienst nehmen lassen".
Im Juni hatte das Bistum Münster angekündigt, dass Niehues nach zwölf Jahren die Leitung des Priesterseminars Borromaeum in Münster aufgeben wird. Zum 1. September übernimmt der 40-jährige Priester Philip Peters die Aufgabe. Für seine Zeit nach seiner Aufgabe als Regens sehe er sich als Priester in einer Pfarrei und wolle "mitwirken bei der Suche nach einer neuen Form, Kirche zu sein", sagte Niehues nun im Interview. "Dazu wünsche ich mir Mut und Risikobereitschaft, neue Wege des Dienstes und Lebens als Priester ausprobieren zu dürfen."
Wechsel "für das Priesterseminar und genauso auch für mich persönlich"
Angesprochen auf sein Ausscheiden aus dem Amt des Regens sagte Niehues, er habe Bischof Felix Genn bereits vor zwei Jahren darum gebeten, über einen Wechsel nachzudenken. "Nicht, weil mir die Arbeit im Borromaeum keine Freude mehr gemacht hätte – ganz im Gegenteil!", betonte Niehues. "Aber es braucht nach einer gewissen Zeit einen Wechsel – für das Priesterseminar und genauso auch für mich persönlich."
Auch angesichts der immer geringer werdenden Zahl an Priesterkandidaten brauche es "unbedingt" ein eigenes Seminar und einen Regens, sagte Niehues. "Eigentlich bräuchten wir ganz viele solcher Seminare des Volkes Gottes. Wo junge Menschen Glauben alltäglich miteinander leben können." In dieser Hausgemeinschaft fänden die Priesterkandidaten das passende Umfeld, um ausgebildet zu werden und selbst der Frage nach der eigenen Berufung nachzugehen. Im Borromaeum sind Priesterkandidaten Teil einer Hausgemeinschaft mit Männern und Frauen aus unterschiedlichen Studienrichtungen. Dies sei eine wirksame Methode zur Vermeidung von Klerikalismus, sagte Niehues. "Wir brauchen Priester. Und wir brauchen sie als Teil des Volkes Gottes."
Aufgrund des Missbrauchsskandals gebe es ein großes institutionelles Misstrauen gegenüber der Kirche und den Priestern. "Das tut weh, ist aber gleichzeitig verständlich", erklärte Niehues. "Und das macht es für junge Männer nicht einfacher, sich auf dem Weg zum Dienst als Priester zu machen." Wer heute Priester werden wolle, müsse aber die Verantwortung tragen, alles zu tun, um Missbrauch zu verhindern. (cbr)