Durch Urteil höhere Anerkennungsleistungen für Betroffene möglich
Der Schadensersatz von 300.000 Euro, den ein Missbrauchsbetroffener gegen das Erzbistum Köln erstritten hat, wird künftig von der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) bei der Entscheidung über die Höhe der Zahlungen an Betroffene berücksichtigt. Die Verfahrensordnung der Kommission gebiete es, die Anerkennungsleistungen im oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgeldern zu orientieren, teilte die UKA am Dienstag mit. "Dazu gehört zweifellos das oben genannte Urteil des Landgerichts Köln, zumal es Missbrauch durch einen Priester zum Gegenstand hat und daraus entstehende Schmerzensgeldansprüche gegen die jeweiligen Dienstherren, z. B. die Diözese, betrifft", so die Mitteilung weiter. Die UKA hatte dem Kläger eine Anerkennungsleistung in Höhe von 25.000 Euro zugesprochen.
Nachdem weder der Betroffene noch das Erzbistum Rechtsmittel gegen die am 13. Juni ergangene Entscheidung eingelegt hatten, ist das Urteil des Landgerichts Köln mittlerweile rechtskräftig und kann daher von der UKA in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Unmittelbar nach dem Urteil hatte die UKA bereits angekündigt, dass die Entscheidung im Rahmen ihrer Entscheidungspraxis Berücksichtigung finden werde, sobald sie rechtskräftig ist. Die Entscheidung ist das erste Urteil, in dem ein deutsches Gericht einem Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kirche einen Anspruch auf Schmerzensgeld zugebilligt hat. Geklagt hatte der ehemalige Messdiener Georg Menne, der einem inzwischen verstorbenen Priester vorwirft, ihn in den 1970er-Jahren mehrere hundert Male missbraucht zu haben. Das Erzbistum hatte in dem Fall darauf verzichtet, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Menne hatte ursprünglich ein Schmerzensgeld von 830.000 Euro gefordert. Im Juli wurde bekannt, dass Mennes Anwalt eine weitere Missbrauchsbetroffene in einem Schadensersatzprozess gegen das Erzbistum Köln vertritt.
Im September 2020 hatten die deutschen Bischöfe das seit 2018 bestehende System der Anerkennungsleistungen für Betroffene sexualisierter Gewalt grundlegend reformiert und eine "Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern in der katholischen Kirche" erlassen, die im Januar um ein Widerspruchs- und Akteneinsichtsverfahren ergänzt wurde. Neben der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beteiligen sich auch die Orden sowie seit Anfang August der Deutsche Caritasverband an dem Verfahren. Zuständig für die Entscheidungen ist die UKA. Das Verfahren versteht sich als Ergänzung zum Rechtsweg bei ordentlichen Gerichten. Es soll Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der Kirche einfach und ohne die Belastungen eines Gerichtsverfahrens ermöglichen, Geldleistungen in Anerkennung des erlittenen Leids zu erhalten. Die Höhe der Anerkennungsleistungen wird von der UKA festgelegt. Die Verfahrensordnung sieht grundsätzlich Leistungen bis 50.000 Euro vor. Ausnahmsweise kann die Kommission bei besonders schweren Härtefällen höhere Leistungen festlegen. In diesem Fall ist gemäß den Regularien aber die Zustimmung der jeweiligen kirchlichen Institution notwendig. Nach Angaben der UKA wurde diese Zustimmung bislang noch nie versagt. Über ihre Tätigkeit legt die UKA jährlich Rechenschaft ab, der aktuelle Bericht ist im Februar erschienen. (fxn)