Popstar Madonna wird 65 – "Hassliebe" zu Kirche und Religion
Ein schwarzer Jesus, Küsse zwischen einer Tänzerin und einem Heiligen, Stigmata und brennende Kreuze: Das Musikvideo zu "Like a Prayer" sorgte 1989 für einen der größten Skandale der Popmusik. 30 Jahre später, als Madonna den Hit beim Eurovision Song Contest präsentierte, wurden auch Gasmasken sowie Flaggen von Israel und Palästina zu Bühnenrequisiten. Reine Provokation? Oder ein Anlass für ernsthafte Auseinandersetzung? Immer wieder sorgt die Künstlerin für Skandale – zuletzt allerdings eher für Sorge. Nach einer Infektion, die im Krankenhaus behandelt wurde, musste sie Konzerttermine verschieben. Am Mittwoch wird sie 65 Jahre alt.
Geboren in Michigan, wuchs das Mädchen mit dem bürgerlichen Namen Madonna Louise Ciccone mit strenggläubigen Eltern und sieben Geschwistern auf. Mit fünf Jahren verlor sie ihre Mutter – eine Erfahrung, die sich in jenen ruhigeren Songs spiegelt, die von der Suche nach Geborgenheit handeln – freilich eher nicht die Lieder, denen Madonna ihren Erfolg verdankt. Schon auf der Highschool-Theaterbühne erfolgreich, beschloss sie, nach der Schule als Tänzerin zu arbeiten.
Baumelnde Kruzifixe im Video
In New York bekam sie Anfang der 1980er Jahre erste Engagements und veröffentlichte erste Songs, darunter den Discohit "Everybody" und "Holiday", was ihr erster Top-10-Erfolg werden sollte. 1984 erschien "Like a Virgin", das auch dank des Musikvideos zum Skandal und gleichermaßen zum Erfolg wurde: Darin zeigte sich die Sängerin in einem alles andere als züchtigen Brautkleid und mit baumelnden Kruzifixen als Schmuck, tanzte lasziv auf einer venezianischen Gondel.
Wie auch andere Künstler dieser Generation und dieses Formats wurde Madonna zur Verwandlungskünstlerin, inszenierte sich unter anderem als Marilyn Monroe ("Material Girl", 1985), als Fetisch-Ikone ("Erotica", 1992) und schließlich als Mystikerin ("Ray of Light", 1998). Als Schauspielerin schlüpfte sie in so unterschiedliche Rollen wie das unabhängige 80s-Girl ("Desperately Seeking Susan", 1985), den Baseball-Vamp ("Eine Klasse für sich", 1992) oder Evita Peron ("Evita", 1996).
Stets balancierte die Musikerin zwischen Provokation und augenzwinkernder Pop-Inszenierung – und mitunter ließ sie echtes Interesse an ernsthaften Themen durchblicken. So wandte sie sich mit der Geburt ihrer ersten Tochter 1996 der jüdischen Kabbala-Mystik zu. Später adoptierte sie mehrere Kinder aus Malawi.
An der katholischen Kirche arbeitete Madonna sich indes weiterhin ab. Empörung riefen unter anderem Auftritte bei ihrer Europa-Tournee 2006 hervor, als sie sich in Jesus-Pose am Kreuz und mit Dornenkrone zeigte. 2008 sorgte sie bei einem Konzert in Rom für Aufsehen, indem sie "Like A Virgin" für Papst Benedikt XVI. sang. "Ich widme dieses Lied dem Papst, weil ich ein Kind Gottes bin", sagte sie damals mit ironischem Unterton.
Tweet an Franziskus
Im vergangenen Jahr wandte sie sich mit einem Tweet direkt an Papst Franziskus: Darin bezeichnete sie sich als "gute Katholikin" und bat das Kirchenoberhaupt um ein Beichtgespräch. "Seit meiner letzten Beichte sind einige Jahrzehnte vergangen", so die Sängerin. "Wäre es möglich, sich eines Tages zu treffen, um einige wichtige Dinge zu besprechen?" Sie sei bereits dreimal von der katholischen Kirche exkommuniziert, also aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen worden. Dies empfinde sie als unfair.
Ernstere Töne schlug die Musikerin zuletzt an, wenn Debatten um ihr Alter als Künstlerin – und als Frau – aufkommen. Die Welt weigere sich, "Frauen jenseits der 45 zu feiern" und bestrafe diese gar, "wenn sie weiterhin willensstark, fleißig und abenteuerlustig sind", kritisierte Madonna nach ihrem Auftritt bei den Grammys im Frühjahr. Medien und auch manche Fans hatten sich darüber mokiert, dass sie kaum wiederzuerkennen sei. Sie werde sich nie dafür entschuldigen, wie sie aussehe, betonte die Künstlerin - und sie hoffe, dass Frauen nach ihr es leichter haben würden.
Zuletzt veröffentlichte sie mit Sam Smith den Song "Vulgar". Ein Titel, der bei Madonna bisweilen Programm war – wie sie schon aus Anlass der Debatten um "Like a Prayer" erklärte: "Kunst sollte kontrovers sein, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen."