Standpunkt

Für einen ökumenisch sensiblen Umgang mit Maria

Veröffentlicht am 17.08.2023 um 00:01 Uhr – Von Agathe Lukassek – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Dogma der "mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit" aufgenommenen Muttergottes war ökumenisch umstritten. Auch wenn die Zeiten sich geändert haben, fragt Agathe Lukassek: Was folgt heute für die katholische Kirche daraus?

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Am Dienstag hat die römisch-katholische Kirche das Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel gefeiert, gemeinhin bekannt als Mariä Himmelfahrt. Es gilt als das Wichtigste unter den Marienfesten und in vielen Ländern Europas ist am 15. August auch gesetzlicher Feiertag.

Ich persönlich mag die biblisch begründeten Marienfeste lieber, allen voran Mariä Heimsuchung (2. Juli), an dem die schwangere Mutter Jesu ihre Verwandte Elisabet besucht, aber auch die Darstellung (2. Februar) und Verkündigung (25. März) des Herrn, die früher noch das "Marien" im Namen hatten. Denn in den Evangelien wird Maria namentlich immer nur in Bezug auf ihren Sohn erwähnt. Für ihre Aufnahme in den Himmel findet sich in der Heiligen Schrift hingegen kein Anhalt.

Ab dem 5. Jahrhundert war von einem Entschlafen Mariens die Rede und es bildeten sich Legenden in Richtung einer leiblichen Aufnahme Marias ins Paradies. Erst im Jahr 1950 erhob Papst Pius XII. in der Konstitution Munificentissimus Deus das Dogma der "mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit" aufgenommenen Muttergottes. Damals gab es längst ökumenische Bemühungen zwischen den Christen und das Dogma blieb nicht unwidersprochen. Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in Deutschland verwies darauf, dass das Dogma unbiblisch sei und der Aufeinanderfolge der Auferstehung Christi und der Auferstehung aller Glaubenden widerspreche. Die anglikanische und die alt-katholische Kirchen lehnten es auch ab, und die orthodoxen Kirchen feiern weiter den "Tag der Entschlafung" Mariens ohne eine Himmelfahrt.

Vor mehr als 70 Jahren war dieses Marien-Dogma ein Problem für die Ökumene. Aber was folgt heute für uns Katholiken daraus? Maria erfährt als Mutter Jesu auch in den anderen christlichen Kirchen Wertschätzung. Eine reflexhafte Anti-Haltung, nach der Protestanten an Maria Himmelfahrt oder Fronleichnam demonstrativ ihre Wäsche raushängten, ist glücklicherweise ausgestorben; es gibt inzwischen auch bekannte evangelische Kirchenlieder zu Maria. Von katholischer Seite aus wünsche ich mir, dass wir das Thema Marienverehrung ökumenisch sensibler angehen und etwa in Predigten nicht in erster Linie die Aufnahme in den Himmel hervorheben, sondern die Bedeutung der biblischen Maria, immer in Bezug auf ihren Sohn. In diesem Sinne gut gelungen war die Festtags-Predigt des Münchner Kardinals Reinhard Marx.

Von Agathe Lukassek

Die Autorin

Agathe Lukassek ist Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Hildegardis-Verein mit Sitz in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.