In seinen Werken erschuf der Autor eine eigene Mythologie

Katholik und Schöpfer eigener Welt: Vor 50 Jahren starb J.R.R. Tolkien

Veröffentlicht am 02.09.2023 um 12:00 Uhr – Von Paula Konersmann (KNA) – Lesedauer: 

Bonn ‐ Er prägte das Fantasy-Genre wie wenige Autoren: J.R.R. Tolkien, Verfasser moderner Epen wie "Der Herr der Ringe". Die Faszination für sein Werk ist auch ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod ungebrochen.

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Erst im vergangenen Jahr gab es einen neuerlichen Tolkien-Hype – angesichts der filmischen Neuauflage des "Herr der Ringe"-Stoffs beim Streamingdienst Amazon Prime. Das monumentale Werk, 1954/55 erstmals veröffentlicht, ist mehr als eine Roman-Trilogie. Schließlich hat sein Schöpfer nicht weniger als eine eigene Mythologie entwickelt, eigene Sprachen erfunden, kurz: eine eigene literarische Welt geschaffen.

Den vorläufigen Höhepunkt der weltweiten Faszination für diese Welt und die Verfilmungen, die ab dem Jahr 2001 in den Kinos liefen, erlebte der Urheber nicht mehr mit. John Ronald Reuel Tolkien starb vor 50 Jahren, am 2. September 1973, im südenglischen Seebad Bornemouth, zwei Jahre nach seiner Ehefrau.

Sein Sohn las die Totenmesse

Kurz vor seinem Tod erklärte Tolkien in einem Interview, er sei "ein überzeugter römisch-katholischer Christ." Für die englischsprachige "Jerusalemer Bibel", die 1996 erschien, hatte er das Buch Jona übersetzt.

Mit seiner Begeisterung für Mythologie konnte er dies offenbar gut vereinbaren: Auf dem gemeinsamen Grabstein der Eheleute in Oxford stehen die Namen Beren und Luthien – als Zeichen für eine Liebe, die den Tod überdauert. Sohn Christopher fungierte bis zu seinem eigenen Tod 2020 als Herausgeber Tolkiens; Sohn John Francis Reuel, ein katholischer Priester, las die Totenmesse für seinen verstorbenen Vater.

J.R.R., unter diesen Initialen sollte er berühmt werden, kam am 3. Januar 1892 als Sohn britischer Kolonisten in Südafrika zur Welt. Sein Vater starb, als er vier Jahre alt war. Die Mutter kehrte mit beiden Söhnen nach England zurück und konvertierte zum katholischen Glauben – gegen den Widerstand der Familie. Als auch sie wenige Jahre später starb, fühlte sich der zwölfjährige Sohn in seiner Überzeugung bestärkt: Die Welt stehe unter dem Einfluss des Bösen, langfristig werde das Gute jedoch siegen. Die beiden Jungen kamen in die Obhut eines befreundeten Priesters.

Fundamentaltheologe: Tolkien von Thomas von Aquin inspiriert

Der Schöpfer des "Herrn der Ringe" war Katholik – sein Glaube beeinflusste auch sein Werk. Der Fundamentaltheologe Thomas Fornet-Ponse sieht vor allem Einflüsse des scholastischen Kirchenlehrers Thomas von Aquin als prägend an.

1915 nahm Tolkien während des Ersten Weltkriegs an der Schlacht an der Somme teil und erkrankte am sogenannten Grabenfieber. Während der langen Genesungszeit arbeitete er an Texten, aus denen später das "Silmarillion" entstand. In dieser Sammlung beschreibt er seine fiktive Welt Mittelerde, in der die späteren Romane "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe" spielen. Das "Silmarillion" vollendete der Autor erst in seinen letzten Lebensjahren; das Werk erschien posthum.

1917 kehrte Tolkien nach Oxford zurück, befasste sich dort unter anderem mit der frühmittelalterlichen Heldensage "Beowulf". Nach einigen Jahren in Leeds wurde er 1924 Professor für englische Sprache. Der Philologe hatte inzwischen zahlreiche Sprachen gelernt, darunter Althochdeutsch und Isländisch, und er begegnete Clive Staples Lewis: Der Ire sollte bald sein engster Freund werden – und mit den "Chroniken von Narnia" (ab 1939) ebenfalls ein gefeierter Schriftsteller.

"Der Herr der Ringe" übertrag alle Erwartungen

Noch vor dem Krieg hatte Tolkien seine Jugendliebe Edith geheiratet. Als Vater erfand er nun umso leidenschaftlicher Geschichten. Ab Anfang der 1930er Jahre schrieb er am Kinderbuch "Der kleine Hobbit". Erst nach Jahren bot Tolkien das Werk einem Verlag an – 1937 wurde es zu einem Sensationserfolg. In den Folgejahren entstand "Der Herr der Ringe", das alle Erwartungen nochmals übertraf.

"Tolkien hat einmal gesagt, er könne sich an keine Zeit erinnern, in der er nicht am 'Herrn der Ringe' gearbeitet hätte", schreibt die Literaturwissenschaftlerin Cordelia Spaemann. "Es ging ihm um nichts Geringeres als darum, die Welt noch einmal zu schaffen, mit einem eigenen Schöpfungsmythos." Ein hochgestecktes Ziel. Doch Spaemann sieht darin den Versuch, die moderne Welt davon zu überzeugen, dass das Gute über das Böse siegen könne.

Interpretationsversuche bezüglich des Zweiten Weltkriegs hat Tolkien dagegen stets zurückgewiesen. Martialische Schlachtszenen und Kelten-Symbolik sorgten auch für Kontroversen, zumal in den vergangenen Jahren. Der Autor selbst schrieb dazu einmal: "Es scheint oft vergessen zu werden, dass es nicht weniger abscheulich war, 1914 jung zu sein, als 1939 und in den folgenden Jahren zu leben. 1918 waren bis auf einen alle meine engen Freunde tot."

Von Paula Konersmann (KNA)