Päpstliche China-Politik in der Mongolei
Gleich zu Beginn der Reise des Papstes stand nicht das Ziel, sondern der große Nachbar im Mittelpunkt. Auf seinem Weg in die Mongolei überflog Papst Franziskus einen kleinen Teil chinesischen Luftraums. Wie in solchen Fällen üblich, schickte das Kirchenoberhaupt dem Staatspräsidenten ein Grußtelegramm. Er sicherte Xi Jinping seine Gebete für das Wohlergehen der Nation zu und erbat für alle den "göttlichen Segen von Einheit und Frieden".
Während das Papst-Flugzeug über chinesisches Territorium fliegen durfte, verbot Peking Katholiken vom Festland die Ausreise Richtung Nachbarland Mongolei. Weder Bischöfe noch Gläubige sollten an Franziskus' Besuch teilnehmen.
Auf das Telegramm reagierte China indes positiv. Der konstruktive Dialog mit dem Vatikan solle weitergeführt, das Verständnis verbessert, gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Daran arbeitet der Vatikan bereits seit Jahren – auch um die Situation der Katholiken in der Volksrepublik zu verbessern. Bislang mit mäßigem Erfolg, diplomatische Beziehungen gibt es nicht.
Chinesische Bischöfe am Altar
Mit Zügen, Flugzeugen und falschen Angaben reisten dennoch einige chinesische Katholiken zum Papst in die Mongolei. Um dem Überwachungssystem durch Gesichtserkennung in der Heimat zu entgehen, trugen die meisten der etwa 100 Chinesen Gesichtsmasken und Sonnenbrillen. Lediglich Fahnen machten den Papst auf ihre Anwesenheit aufmerksam.
Der überraschte mit einer direkten Ansprache an die chinesische Bevölkerung. Nach der Sonntagsmesse in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator holte er einen früheren und den aktuellen Bischof von Hongkong an den Altar. Er wolle die Anwesenheit von Kardinal John Tong Hon und Bischof Stephen Chow Sau-yan nutzen, "um dem edlen chinesischen Volk einen herzlichen Gruß zu schicken". Er wünsche dem ganzen Volk das Beste, dass es immer vorwärtsgehe. "Und ich bitte die chinesischen Katholiken, gute Christen und gute Staatsbürger zu sein", so der Appell von Franziskus.
Zuvor konnten die Ansprachen des Kirchenoberhaupts eher als subtile Andeutungen in Richtung China gedeutet werden. Immer wieder bediente sich der Papst des von der chinesischen Politik gerne genutzten Begriffs der "Harmonie".
Eine Lanze brach er für Katholiken wie für den Gastgeber Mongolei. Franziskus führte das jahrzehntelang sozialistisch regierte Land als eine Art Vorbild an: etwa beim Einsatz für Frieden, bei der Abschaffung der Todesstrafe, der Ablehnung von Atomwaffen, bei der freien Religionsausübung.
Den anderen Nachbarn Russland erwähnte der Papst bei der Reise nicht direkt, er rief aber zu einem Ende von Kriegen und Konflikten auf. Bei der Abschlussmesse war es ausgerechnet die auf Russisch vorgetragene Fürbitte, in der um die Weisheit des Himmels für Regierende gebetet wurde. Sie sollten sich um das Gemeinwohl kümmern, Parteiinteressen überwinden und sich für Frieden unter den Völkern und den Klimaschutz einsetzen.
Bedenken ausräumen
Beim Aufenthalt in der Mongolei mit gerade einmal 1.400 Katholiken wollte Franziskus auch Bedenken gegenüber der katholischen Kirche und ihrer Mission ausräumen. Er betonte, die Kirche habe keine politische Agenda, und hob ihren festen Glauben an ökumenischen, interreligiösen und kulturellen Dialog sowie ihr soziales Engagement hervor. Wie zum Beweis weihte er zum Reiseabschluss am Montag ein katholisches Sozialzentrum ein.
Am Montagabend trifft Franziskus wieder in Rom ein. Als erster Papst überhaupt besuchte er die Mongolei, wo er ein vergleichsweise kleines Programm absolvierte. Trotzdem wirkte der 86-Jährige bei den Terminen häufig erschöpft, seine Stimme hatte wenig Kraft. Es war nach Portugal die zweite Reise innerhalb eines Monats. Ende September ist ein Besuch im französischen Marseille geplant.
Ob seine Worte in China etwas bewirken konnten, wird sich möglicherweise bald zeigen. Sein Friedensvermittler im Ukraine-Krieg, Kardinal Matteo Zuppi, plant eine Reise nach Peking. Mit dem argentinischen Botschafter in Chinas Hauptstadt tauschte sich Franziskus in der Mongolei aus. Schon auf dem Hinflug sagte der Papst, man könne sich nicht vorstellen, wie schwer Diplomatie sei.