Papst Franziskus wirkt erschöpft: Wird Marseille seine letzte Reise?
Bei der fliegenden Pressekonferenz fragten die Journalisten das katholische Kirchenoberhaupt nach seinen kommenden Reisplänen – und erhielten eine klare Antwort: "Um die Wahrheit zu sagen, sind Reisen für mich nicht mehr so einfach wie früher", so Franziskus. Dabei verwies er auf seine Einschränkungen etwa bei seiner Fortbewegung. Seit vergangenem Jahr sitzt Franziskus hauptsächlich im Rollstuhl – zum Aufstehen benötigt er Unterstützung.
Am Stock kann er nur beschwerlich gehen, doch er versucht es immer wieder, zumindest für kürzere Strecken. Auch steht er oft einige Minuten zu Beginn von Veranstaltungen. Den Weg zu seinem Platz während der wöchentlichen Generalaudienz legt er selbstständig zurück. Auch die persönliche Begrüßung von Pressevertretern in der gecharterten Papstmaschine auf dem Weg zu seinen Reisezielen absolviert er ebenfalls gehend und stehend.
Dies ist aber stets eine besondere Herausforderung. Etwa 70 Journalisten, Fotografen und Kameraleute begleiten Franziskus bei seinen Besuchen in nahen und fernen Ländern. Häufig gehen die Begegnungen über einen kurzen "Gute Reise"-Wunsch hinaus: Fragen zu aktuellen Themen werden gestellt, Geschenke überreicht, Bücher signiert.
Pausen nach langen Flügen
Richtung Mongolei verweilte das katholische Kirchenoberhaupt etwa eine halbe Stunde bei den 66 Pressevertretern im hinteren Teil des immer wieder durch kleinere Turbulenzen erschütterten Flugzeugs. Die gleiche Prozedur vollzog er bei seinen letzten Reisen nach Portugal, Ungarn, Kasachstan und Kanada. Lediglich auf seinen Flügen nach Bahrain Ende letzten Jahres und in den Kongo Anfang 2023 begrüßte er die Journalisten sitzend.
Um sich bei den Visiten zu entlasten, plant der Papst inzwischen ausgedehnte Pausen ein. So gab es nach dem langen Flug nach Ulan Bator erstmals einen kompletten Ruhetag. Nach der Landung am Freitagmorgen standen gar keine offiziellen Termine auf dem Programm. Die Treffen mit Staats- und Kirchenvertretern des Landes folgten erst am Samstag. Überhaupt fallen die Programmpunkte bei Papstreisen seit geraumer Zeit übersichtlich aus. Statt Schlag auf Schlag von einem Treffen zum anderen zu eilen, beschränkt sich Franziskus meist auf einen Termin am Vor- und einen am Nachmittag.
Lange Flüge, Zeitverschiebungen und die ständige Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit fordern dennoch ihren Tribut. Franziskus sind die Strapazen in der Mongolei deutlich anzumerken. Bei seinen inhatlich starken Reden fehlt beim Sprechen oft die Energie, seine Stimme ist leise, manchmal wirkt er unkonzentriert. Wenig verwunderlich also, dass er bei seinen nächsten Reiseplänen auf die Bremse tritt. Die Mongolei war eines von insgesamt drei Zielen in nur zwei Monaten. Anfang August besuchte er den Weltjugendtag in Portugal. Dort fiel vor allem seine radikale Verkürzung der geplanten Reden auf. Ende des Monats will er in die französische Hafenstadt Marseille fliegen.
Dann wird Franziskus in weniger als elf Jahren 44 Apostolische Reisen ins Ausland unternommen haben. Bei seinem Vorgänger Benedikt XVI. waren es in knapp acht Jahren Pontifikat 24 Auslandsbesuche. Damit kommt Franziskus auf eine ähnliche Bilanz wie der "Eilige Vater" Johannes Paul II.: In den ersten zehn Jahren seiner langen Amtszeit verließ er 40 Mal den Vatikan – er war aber damals deutlich jünger.
Während Franziskus bislang bei den fliegenden Pressekonferenzen Richtung Rom seine nächsten Reiseziele – darunter waren zuletzt etwa Indien, sein Heimatland Argentinien sowie der Kosovo – immer sehr ausführlich referiert hat, fällt diesmal kein Ländername. Unsicher ob der Umsetzung äußert er sich lediglich zu einem "kleinen Land" in Europa.
Vietnam? Das übernimmt der Nachfolger
Ob er vorhabe, Vietnam einmal zu besuchen, wird er gefragt – und antwortet mit dem möglichen Namen eines Nachfolgers: Falls er das Land nicht besucht, so würde es ganz sicher Johannes XXIV. tun. Ist Franziskus nach über zehn Jahren Pontifikat also nicht nur reise-, sondern auch amtsmüde? Vielleicht war es eine vorsichtige Andeutung, um einen ähnlich langen Flug nach Argentinien im kommenden Jahr zu vermeiden. Oder es war nur die Erschöpfung nach den jüngsten drei Auslandsbesuchen.
Schon einmal auf dem Rückflug aus Kanada hatte Franziskus angekündigt, bei Reisen künftig kürzer treten zu wollen. Der Kanadatrip sei ein kleiner Test gewesen mit der Erkenntnis, dass man Reisen in so einem Zustand eigentlich nicht machen könne. Das sagte der damals 85-Jährige – bevor er dann doch wieder Tausende Kilometer um den Globus flog.