Zehn Jahre Nuntius in Deutschland: Eterovic steht auf schwerem Posten
Man muss lange zurückblättern, bis man in der Geschichte der "Apostolischen Nuntiatur" in Deutschland einen Vatikandiplomaten findet, der länger als zehn Jahre im Amt war. Dann stößt man auf Erzbischof Corrado Bafile, Botschafter des Papstes in der damals noch kleineren Bundesrepublik. Er vertrat von 1960 bis 1975 die Interessen des Papstes und residierte in Bonn am Rhein.
Bafile versuchte mit mancherlei Winkelzügen und wechselndem Erfolg, die katholischen Bischöfe durch die kirchenpolitischen Wirren der Konzils- und Nachkonzilsjahre zu steuern. Zuletzt begleitete er die in Rom argwöhnisch beobachtete Würzburger Reformsynode (1971-1975). Im politischen Raum hatte Bafile hingegen relativ leichtes Spiel. Mit ihm positionierten sich die Bischöfe damals klar gegen die gesellschaftspolitischen Reformen der Regierung von Willy Brandt (1969-1974) – von der Reform des Scheidungsrechts bis zur Liberalisierung der Abtreibung.
Nikola Eterovic ist seit der deutschen Wiedervereinigung bereits der vierte Nuntius mit Dienstsitz in Berlin. Ob der 72-Jährige unter Kirchenhistorikern einst einen ähnlichen Ruf haben wird wie der trickreiche Bafile, ist ungewiss. Fest steht, dass seine Rolle als verlängerter Arm des Papstes in Deutschland in der gegenwärtigen Zeit des Umbruchs kaum leichter ist.
Geschlossene Reihen bei politischen Themen
Wieder sind in der Deutschen Bischofskonferenz jene Bischöfe in der Mehrheit, die über das vatikanische Vorstellungsvermögen hinausgehende Reformen befürworten. Diesmal reichen sie bis hin zu einer Weihe von Frauen, zur demokratischen Mitwirkung an Bischofsernennungen und zu einer kirchlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Und wieder ist es für den Nuntius auf politischer Ebene noch vergleichsweise einfach, die Reihen der Oberhirten in Deutschland geschlossen zu halten – etwa, wenn es um die Legalisierung der Sterbehilfe oder um die völlige Freigabe der Abtreibung geht.
Wie alle Nuntien in Deutschland seit etwa 100 Jahren muss sich Eterovic außerdem oft und ausdauernd mit der schwierigen Materie abgestimmter Bischofsernennungen befassen. Seit den 1920er Jahren ist das Verfahren in Konkordaten geregelt. Es gibt den Domkapiteln in den einzelnen Bistümern mehr oder weniger Mitspracherecht bei der Ernennung von Bischöfen. Das ist einer der Gründe, warum solche Ernennungen in Deutschland länger dauern als anderswo. In den meisten anderen Ländern kann der Papst allein entscheiden. Da wird der Rücktritt des altersbedingt ausscheidenden Bischofs meist zeitgleich mit der Ernennung seines Nachfolgers bekanntgegeben.
Die Sondierungs- und Abstimmungsprozesse in Deutschland verlängern den Entscheidungsprozess, und manchmal mischen sich in letzter Minute auch noch die Landesregierungen ein. Bistumsvakanzen von rund einem Jahr sind daher in Deutschland nichts Ungewöhnliches. Und da ist es aus Sicht der römischen Zentrale kein Nachteil, wenn vor Ort einer im Auftrag des Papstes die Fäden in der Hand hält, der einen langen Atem und Überblick hat.
Dem auf der kroatischen Insel Brac geborenen Vatikandiplomaten Eterovic scheint Rom diese Eigenschaften zuzuschreiben. Die stürmischen Versammlungen des Synodalen Wegs in Frankfurt und auch die nicht immer in brüderlicher Eintracht verlaufenden Vollversammlungen der Deutschen Bischofskonferenz verfolgt er mit stoischer Ruhe – zumindest vermittelt er nach außen fast schon demonstrativ diesen Eindruck.
Hinter den Kulissen aber ist es kein Geheimnis, dass er nur wenig Zustimmung findet, wenn er bei jeder Gelegenheit gebetsmühlenartig und gänzlich unflexibel an die geltende Glaubenslehre, an das Kirchenrecht und an die Mahnungen des Papstes erinnert. Seine Referate zu Beginn der Bischofsvollversammlungen mit immer wieder ähnlichem Duktus strapazieren offensichtlich die Nerven nicht weniger Bischöfe.
Nuntius mitverantwortlich für Missverständnisse
Im Frühjahr in Dresden machte dies der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sogar öffentlich: Es sei ihm phasenweise fast unerträglich gewesen, dem Grußwort von Eterovic zuzuhören. Und auch sonst ist schon mal zu hören, der Nuntius und seine Wahrnehmung der Kirche in Deutschland sei auch mitverantwortlich dafür, dass sich viele deutsche Katholiken – etliche Bischöfe mit eingeschlossen – im Vatikan und auch vom Papst nicht verstanden fühlten.
Doch der charismatisch auftretende und immer wieder neue Reform-Perspektiven eröffnende Franziskus hat bisher nicht zu erkennen gegeben, dass er sich am genau entgegensetzt wirkenden Stil seines Botschafters in Deutschland stört.
Interessant dabei ist auch, dass Franziskus kurz nach seinem eigenen Amtsantritt Eterovic von dessen damaligem Amt an der Spitze der Weltbischofssynode kurz entschlossen abberief. Jener Einrichtung also, die der Papst offenbar für das wichtigste Werkzeug zur inneren Veränderung der katholischen Kirche auf Weltebene hält. Damals versetzte er Eterovic als Nuntius nach Berlin. Und als seinen verlängerten Arm in Deutschland, wo der Papst den Katholiken schon mal ins Stammbuch schreibt, man brauche keine zweite protestantische Kirche, scheint er ihn bislang zu schätzen.