Künstlerin gegen Entfernung ihres Hengsbach-Denkmals vor Essener Dom
Über die Statue des früheren Essener Kardinals Franz Hengsbach (1910-1991) berät an diesem Freitag das Domkapitel in Essen. Nachdem das Bistum am Dienstag Missbrauchsvorwürfe gegenüber dem Gründerbischof des Ruhrbistums bekanntgemacht hatte, waren Forderungen laut geworden, nach Hengsbach benannte Plätze umzubenennen und auch das Bildnis zu entfernen.
Die Statue der Münsteraner Bildhauerin Silke Rehberg war erst im Oktober 2011 vom heutigen Essener Bischof Franz-Josef Overbeck enthüllt worden. Overbeck erklärte dazu am Donnerstag, er habe damals keinen Grund gesehen, auf das Denkmal am Dom zu verzichten. Zwar seien ihm seit August 2011 zwei Missbrauchsvorwürfe gegen Hengsbach bekannt gewesen, aber die damals bekannten Informationen hätten keine Anhaltspunkte dafür geboten, die Enthüllung der Skulptur zu unterlassen.
Forderungen, das Bildnis zu entfernen, will sich Künstlerin Rehberg nicht anschließen. "Das wäre das Falscheste, das man machen kann", sagte sie der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ, Freitag). Dies entspreche eher der "schlechten Tradition der Kirche" im Umgang mit Missbrauch. Die drei Vorwürfe gegen Hengsbach beziehen sich auf die Jahr 1954 und 1967; sie waren 2011 und 2022 bekanntgeworden. Stattdessen schlägt Rehberg vor, die Statue auf den Kopf zu stellen. Schließlich habe sich auch das Bild von Hengsbach nun ins Gegenteil verkehrt. Damit komme der bisher zuunterst liegende Wolf, auf dem ein Lamm liegt, nach oben zu stehen. Der Wolf, so Rehberg, sei für sie schon immer Ausdruck ihrer Skepsis gegenüber Hengsbach gewesen. Das Bild vom Wolf, der friedlich neben einem Lamm liegt, ist aber auch eine bekannte biblische Friedensvision aus dem Buch des Propheten Jesaja im Alten Testament.
Mertes für Entfernung, aber...
Für eine Entfernung des Hengsbach-Denkmals sprach sich der Jesuit Klaus Mertes aus. Allerdings sei das Problem des Umgangs mit Missbrauch "ja nicht einfach erledigt, indem man ein Denkmal wegtut", sagte Mertes am Freitag im Deutschlandfunk. Er warnte davor, dass das Abbauen von Denkmälern auch den Eindruck erwecken könne, "mit dem haben wir nichts zu tun".
Mertes möchte die Debatte um die Statue mit der Frage verbinden: "Wie kommen wir denn endlich von diesem Personenkult los in Bezug auf Amtsträger?". Person und Amt seien zu sehr verschmolzen, so Mertes. Mertes, der vor 13 Jahren den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland öffentlich machte, äußerte sich auch zur Umbenennung von Straßennamen nach Personen, denen die Vertuschung von sexualisierter Gewalt vorgeworfen wird, etwa im Fall des ehemaligen Trierer Bischofs Bernhard Stein. Darüber müsse von Fall zu Fall einzeln entschieden werden, so der Jesuit.
Weiter mahnte er, bei der rückblickenden moralischen Beurteilung von Personen sei Vorsicht geboten. Dies gelte insbesondere für den Gestus, in dem dies geschehe. "Damit wir nicht in eine Selbstgerechtigkeit fallen", so Mertes, "und meinen, dass wir am Ende nur solche Personen überhaupt im öffentlichen Gedächtnis behalten wollen, die eine lupenreine Weste haben. Und die hat niemand." (tmg/KNA)