Drei deutsche Bistümer warten derzeit auf neue Bischöfe
Das Dementi folgte umgehend. Vor knapp zwei Wochen hatte das "Westfalenblatt" geschrieben, die Liste mit Namen dreier Kandidaten zur Wahl des Paderborner Erzbischofs liege dort vor. Dem sei nicht so, ließ Dompropst Joachim Göbel das Blatt wissen. Noch immer wartet das Erzbistum auf einen Nachfolger für Erzbischof Hans-Josef Becker, der am 1. Oktober 2022 zurücktrat. Stand Anfang der Woche sind dies 359 Tage, fast genau ein Jahr.
Das ist allerdings nur eineinhalb Monate länger als deutsche Bistümer in den vergangenen 30 Jahren durchschnittlich auf einen neuen Bischof warten mussten: 330 Tage. Am stärksten strapaziert wurde die Geduld bisher im Bistum Limburg nach dem Aus für Franz-Peter Tebartz-von Elst Ende März 2014. 828 Tage dauerte es, bis Vatikan und Limburger Domkapitel am 1. Juli 2016 die Wahl und Ernennung von Georg Bätzing bekanntgaben.
Lange Wartezeiten auch in Erfurt und Passau
Den zweiten Platz bischöflicher Langzeit-Vakanzen belegt bisher Erfurt. 718 Tage mussten die Thüringer Katholiken nach dem Rücktritt von Joachim Wanke ausharren, bis ihm Ulrich Neymeyr nachfolgte. In Passau wurde nach 550 Tagen bischofslosen Tagen verkündet, dass der Ordensmann Stefan Oster in der Drei-Flüsse-Stadt die Mitra aufgesetzt bekommt.
Neben Paderborn befinden sich derzeit ebenfalls das Erzbistum Bamberg (seit 328 Tagen) und das Bistum Osnabrück (seit 184 Tagen) im Wartestand. Wobei – zumindest theoretisch – die Frage in Bamberg schneller geklärt sein könnte. In Bayern ist der Papst nur gehalten, sich bei der Ernennung an Vorschlagslisten aus bayerischen Diözesen zu orientieren. De facto ist er in seiner Entscheidung fast völlig frei.
Zuletzt ging es in Bayern tatsächlich wesentlich schneller: In Augsburg verstrichen vom Rücktritt Konrad Zdarsas im Sommer 2019 bis zur Bekanntgabe seines Nachfolgers Bertram Meier nur 209 Tage, zwei Jahre zuvor waren die Verhältnisse in Würzburg schon nach 151 Tagen geregelt. Auch das erklärt, warum die Spannung im Bamberg langsam steigt.
Was passiert mit Kardinal Woelkis Rücktrittsangebot?
Für Paderborn und Osnabrück hingegen gelten die Staatskirchenverträge des Heiligen Stuhls mit den betroffenen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen. Sie legen das Wahlrecht des jeweiligen Domkapitels fest. Es darf aus einer Dreierliste wählen, die der Vatikan zuschickt. Während eine solche Liste in Paderborn zunehmend dringlich erwartet wird, rechnet in Osnabrück kaum einer mit Wahl und Ernennung vor Ostern 2024.
Dann ist da noch Köln. Nicht nur dort warten viele auf eine endgültige Ansage des Papstes zum Rücktrittsangebot, das er sich Anfang 2022 von Kardinal Rainer Maria Woelki geben ließ. Bisher hat Franziskus nicht gesagt, ob er es annimmt oder ablehnt. Forderungen, er möge endlich entscheiden, gibt es zuhauf. Doch was weder Papst noch Kurie mögen: Wenn ihnen jemand Druck machen will; im Zweifel nehmen sie sich dann noch mehr Zeit.
Zusätzlich wird in Deutschland der Pool geeigneter Bischofskandidaten ohnehin kleiner. Zum einen gibt es weniger Priester, von denen wiederum nicht alle für die Aufgabe geeignet sind. Zum anderen zehren Missbrauchskrise und zunehmende Spannungen in der Kirche an den Kräften der Amtsinhaber, drohen manchen zu überfordern. Weltweit sage heutzutage fast ein Drittel der angefragten Kandidaten ab, räumte der langjährige Chef der vatikanischen Bischofsbehörde, Kardinal Marc Ouellet, vor ein paar Jahren schon ein.
Welche Rolle spielt Nuntius Eterovic?
Schwierig einzuschätzen ist die Rolle des Päpstlichen Nuntius in Deutschland, Nikola Eterovic. Das Verhältnis zwischen ihm und etlichen deutschen Bischöfen gilt als schwierig. Als Nuntius obliegt es ihm auch, Informationen über Personalvorschläge zu sammeln und an die Kurie zu geben. Damit kann er sowohl die Dauer von Ernennungsverfahren beeinflussen wie auch die Bewertung von Kandidaten.
Schließlich kommen mögliche strategische Überlegungen im Vatikan hinzu. Ouellets Nachfolger, dem smarten US-Amerikaner Robert Prevost, ist nicht entgangen, dass er mit der Nachbesetzung von gleich drei Bischofsstühlen in Deutschland (ein vierter kommt planmäßig mit Rottenburg-Stuttgart im Dezember hinzu, wenn Bischof Gebhard Fürst 75 wird) die Chance hat, der gesamten Deutschen Bischofskonferenz, die in Rom zuletzt als zerstritten und kraftlos galt, neuen Schwung zu geben. Drei oder vier gute Einwechslungen könnten das Team beleben, so die Überlegung – sofern man denn die geeigneten Kandidaten findet. Es kann also noch dauern.