Kardinalsversammlung zum heißen Herbst des Papstes
In seinem elften Jahr im Amt als Papst hat sich Franziskus einiges vorgenommen. Sein bislang neuntes Konsistorium zur Ernennung von neuen Kardinälen scheint der Startschuss für eine intensive Spätphase des Pontifikats zu werden. Nach dieser Runde werden mehr als zwei Drittel der wahlberechtigten Kardinäle von ihm ernannt sein.
Das allein ist schon ein wichtiges Faktum – auch mit Blick auf die beizeiten anstehende Wahl seines Nachfolgers. Aber bevor es so weit ist, zeigt sich der 86-Jährige fest entschlossen, die Kirche strukturell und personell weiter zu reformieren. Wie ernst es ihm damit ist, verdeutlichen vor allem zwei Namen in der Riege der frisch beförderten Purpurträger.
Wechsel in zwei vatikanischen Schlüsselposten
Der eine ist der neue Chef der Behörde, die weltweit für Bischofsernennungen zuständig ist. In dieser Personalabteilung für Führungskräfte der katholischen Weltkirche regierte bislang der konservative kanadische Kardinal Marc Ouellet (79). Er war einer der letzten mächtigen Männer im Vatikan aus der Ära von Benedikt XVI. (2005-2013). Der neue Behördenchef ist Robert Prevost (68), ein vielsprachiger und geschmeidiger Kosmopolit: Sohn italienisch-französischer Eltern mit US-amerikanischem Pass und langer Berufserfahrung als Bischof in Peru - und mithin auch zur Riege der "Latinos" gehörend, die im Vatikan immer mehr den Ton angeben.
Der andere ist ein echter Latino und zugleich der heimliche Star des Konsistoriums: Victor Fernandez, argentinischer Theologe und seit langem Ghostwriter von Papst Franziskus. Der neue Leiter der vatikanischen Glaubensbehörde erlangt die Kardinalswürde nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt. Ganz offensichtlich will Franziskus den 61-Jährigen, der in theologisch-dogmatischen Fragen als weltoffen und reformfreudig gilt, nun auch ganz offiziell zum theologischen Vordenker im Vatikan machen. Wie Ouellet in der Bischofsbehörde stammte auch Fernandez' Vorgänger, der Spanier Luis Ladaria (79), noch aus der Ära von Papst Benedikt.
Vom Wechsel in zwei vatikanischen Schlüsselposten wird bei der Zeremonie im Petersdom am Samstagmorgen offiziell keine Rede sein; dennoch werden sich viele Augen auf diese beiden Neulinge richten. Sie werden wie die anderen vom Papst das scharlachrote Birett als Zeichen ihrer Würde erhalten. Die einst prunkvolle Kardinalserhebung fällt allerdings vergleichsweise nüchtern aus; sie findet im Rahmen eines Wortgottesdienstes im Petersdom statt. Erst am 4. Oktober kommen dann die alten und neuen Kardinäle mit dem Papst und allen anderen Synodenteilnehmern zu einer feierlichen Heiligen Messe auf dem Petersplatz zusammen.
Zwischen dem kurzen Konsistorium und der langen Weltsynode liegen drei Tage Pause. Denn bald nach einer ökumenischen Gebetsvigil am Samstagabend werden rund 50 Kardinäle nach Sacrofano nördlich von Rom reisen, wo sie zusammen mit den übrigen mehr als 300 Synodenteilnehmern ihre geistlichen Einkehrtage (1. bis 3. Oktober) beginnen.
Zwar werden bei der Synode viele auf die erstmals teilnehmenden Frauen blicken; aber die Kardinäle bleiben dennoch Schlüsselfiguren für den weiteren Reformprozess der Kirche. Manche sind bei der Synode genau deshalb dabei, weil sie wie Prevost und Fernandez eine große Behörde im Vatikan leiten. Andere, weil sie Vorsitzender einer nationalen Bischofskonferenz sind; wieder andere, weil sie eigens vom Papst zur Teilnahme an dieser Synode berufen wurden. Zu diesen zählt, für manche überraschend, auch der konservative deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller (75), zugleich Vorvorgänger von Fernandez.
Die Kirche auf dem Weg zu umfassenden Veränderungen?
Während die rund 50 "Synoden-Kardinäle" drei Tage lang beten und meditieren, könnten sich die übrigen in dieser Zeit – sofern sie überhaupt zu dem kurzen Konsistorium angereist sind – zu informellen Gesprächsrunden untereinander in Rom treffen. Gesprächsstoff gäbe es in der spannungsreichen Lage der katholischen Weltkirche genug.
Beim feierlichen Eröffnungsgottesdienst der vierwöchigen Weltsynode am 4. Oktober auf dem Petersplatz geht es dann um nicht weniger als um die Suche nach neuen Beratungs- und Entscheidungswegen in der katholischen Gesamtkirche. Noch weiß niemand, wie kontrovers die Debatten verlaufen werden und was am Ende herauskommt. Doch zum Abschluss dieses Marathons aus Sitzungen, Reden, Zuhören und Beten soll sich, so der Wunsch des Papstes, die katholische Kirche auf den Weg zu umfassenden Veränderungen gemacht haben.