Der Kammermeister des Papstes
Seit dem 15. Jahrhundert wurden die Chefs der Apostolischen Kammer stets aus der Reihe der Kardinäle gewählt. Die Apostolische Kammer ist ein Amt der Kurie, dem in vergangenen Jahrhunderten zeitweise erhebliche Bedeutung zukam. Der Kämmerer war für die Verwaltung der Güter des päpstlichen Stuhls verantwortlich. Mit dem immer größer werdenden Umfang dieser Güter wuchs auch der Einflussbereich des Camerlengo, der schließlich sogar richterliche Gewalt innehatte. Mit dem Ende des Kirchenstaats durch die Gründung des Königreichs Italien im Jahr 1870 ging auch die weltliche Macht der Kirche weitgehend unter. Damit war zugleich die ehemals große Bedeutung des Camerlengo Geschichte.
Doch der Kämmerer ist heute keineswegs unwichtig. In der Sedisvakanz, also der Zeit zwischen dem Tod eines Papstes und der Wahl eines neuen, ist er eine der zentralen Personen in der Kirche.
Der Verwalter der Kirche während der Sedisvakanz
Mit dem Tod des Papstes geht die Verwaltung der Kirche und ihrer Güter provisorisch auf den Camerlengo über. Er ist es auch, der die offizielle Sterbeurkunde über den Tod des Kirchenoberhaupts ausstellt. Hat er dies getan, versiegelt er die Wohn- und Arbeitsräume des Papstes. Die Türen der päpstlichen Wohnung werden dann erst vom neu gewählten Papst wieder geöffnet. Den Tod des Papstes teilt der Camerlengo ebenfalls dem Generalvikar der Diözese Rom mit, welcher wiederum die Gläubigen von Rom darüber unterrichtet; symbolisch für das gesamte Kirchenvolk. Ebenfalls ergreift der Camerlengo dann Besitz von den apostolischen Palästen im Vatikan, im Lateran und in Castel Gandolfo.
In der Apostolischen Konstitution "Universi Dominici Gregis" hat Papst Johannes Paul II. im Jahr 1996 umfangreiche Regelungen für die Sedisvakanz und die Wahl eines neuen Papstes erlassen. Darin finden sich auch ausführlich beschrieben die Aufgaben des Camerlengo während dieser Zeit.
Fotos nur mit Zustimmung des Camerlengo
Der Kämmerer und der Großpönitentiär, also der Leiter des vatikanischen Buß-Gerichts, sind die einzigen Würdenträger der Kurie, die auch nach dem Tod des Bischofs von Rom in ihrem Amt verbleiben. Der Camerlengo hat alleine das Recht, die nötigen Anordnungen für die würdige Beisetzung des Papstes zu erlassen. Die Konstitution "Universi Dominici Gregis" regelt in diesem Zusammenhang sogar sehr detaillierte Fragen: "Wenn jemand nach dem Tode des Papstes zu Dokumentationszwecken Fotografien zu machen wünscht, muß er darum beim Kardinal-Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche nachsuchen, der jedoch die Aufnahmen des Papstes nicht zulassen wird, wenn dieser nicht mit den Pontifikalgewändern bekleidet ist."
Ist der Papst gestorben, kommen alle Kardinäle in Rom zusammen, um über die notwendigen Schritte zu beraten. Neben dieser sogenannten Generalkongregation aller Kardinäle gibt es eine Sonderkongregation, welcher der Camerlengo vorsteht und außerdem noch drei weitere Kardinäle angehören. In dieser "sollen nur die Fragen von untergeordneter Bedeutung behandelt werden, die sich täglich oder von Zeit zu Zeit stellen", wie es in der Konstitution heißt. Diese täglichen Geschäfte mögen unscheinbar sein, sind jedoch auch sehr arbeitsintensiv. Die drei assistierenden Kardinäle werden daher nach jeweils drei Tagen neu aus dem Kollegium ausgelost.
Der Camerlengo fungiert zudem als Organisator der Papstwahl. Dazu hat er für die Vorbereitung des päpstlichen Gästehauses Sancta Marta, der Sixtinischen Kapelle und der weiteren nötigen Räumlichkeiten für das Konklave zu sorgen. Zu diesen Vorbereitungen zählt auch die Geheimhaltung der Wahl. Das zur Unterstützung der Papstwahl benötigte Personal – beispielsweise Sekretäre und Beichtväter, aber auch Ärzte und Reinigungskräfte – muss vom Camerlengo bestätigt werden und vor ihm einen Geheimhaltungseid ablegen.
Geheimhaltung bleibt das oberste Gebot
Nach der erfolgreichen Wahl eines neuen Pontifex fertigt der Camerlengo einen genauen Bericht an, in dem die Ergebnisse aller Wahlgänge festgehalten sind. Der Inhalt ist jedoch keinesfalls für die Öffentlichkeit bestimmt, wie die Konstitution "Universi Dominici Gregis" ausdrücklich feststellt: "Dieser Bericht wird dem Papst übergeben, und dann im dafür vorgesehenen Archiv in einem versiegelten Umschlag verschlossen aufbewahrt, der ohne ausdrückliche Erlaubnis des Papstes von niemandem geöffnet werden darf."
Wenn der Gewählte das Amt des Papstes angenommen hat und alle weiteren Formalitäten abgeschlossen sind, "verkündet der erste der Kardinaldiakone dem wartenden Volk die stattgefundene Wahl und den Namen des neuen Papstes." Für den Camerlengo endet dann mit dem Konklave seine wichtigste Aufgabe.
Von Kilian Martin
Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 11.03.2015 und wurde am 16.02.2019 anlässlich der Ernennung von Kevin Farrell zum Camerlengo aktualisiert.