So arbeitet die Weltsynode – ein Blick in die geheime Geschäftsordnung
Die Weltsynode tagt hinter verschlossenen Türen. Selbst die Geschäftsordnung der seit Mittwoch tagenden Bischofssynode ist nicht öffentlich. Angesichts von Hunderten von Beteiligten wurde das "Regolamento", wie es im kurialen Italienisch heißt, dennoch schnell öffentlich: Schon am Donnerstag kursierte eine italienische Version im Netz, katholisch.de liegt eine englische Fassung vor.
Ein Blick in das Regelwerk zeigt, wie das Gremium arbeitet – und zum ersten Mal wird deutlich, was die Aufgaben und Rechte der als Fachleute hinzugezogenen Menschen wie dem Münsteraner Professor und ZdK-Vizepräsidenten Thomas Söding sind. Die 31 Artikel des Regolamento gelten zunächst nur für die gerade stattfindende erste Sitzungsperiode, nicht für den zweiten Teil im kommenden Jahr.
Für die Redaktion war das Synodensekretariat verantwortlich. Das entspricht dem Vorgehen, das Papst Franziskus in seiner Apostolischen Konstitution "Episcopalis communio" über die Bischofssynode 2018 festgelegt hatte. Zu Beginn des Regelwerks behält sich das Synodensekretariat vor, auch während der Versammlung Änderungen vorzunehmen.
Rollen und Ämter
Das Regolamento wiederholt die bereits bekannte allgemeine Zusammensetzung der Synode und zählt die Rechte der Mitglieder in der Synode auf. Neu ist dabei die Umschreibung der Aufgabe der Experten: Sie dürfen an der Vollversammlung teilnehmen, haben aber kein Rederecht. Nur auf Aufforderung dürfen sie im Plenum das Wort ergreifen, die Arbeitsgruppen können sie jederzeit hinzuziehen, um sich von ihnen beraten zu lassen. Aus dem Kreis der Experten werden auch Moderatoren für die Kleingruppen bestimmt.
Leitungsämter in der Synode
Die Aufgaben der schon in "Episcopalis communio" aufgezählten Synodenämter werden im Folgenden näher bestimmt. Den Vorsitz in der Synode übernehmen dann, wenn der Papst das selbst nicht tut, von ihm delegierte Vorsitzende, die der Versammlung in seinem Namen und seiner Autorität vorstehen. Ausdrücklich haben sie die Aufgabe, in der ersten und letzten Sitzung eine ehrende Ansprache an den Papst zu halten. Insgesamt hat Papst Franziskus neun delegierte Vorsitzende ernannt, darunter auch zwei Frauen.
Die Arbeit der Synode wird durch den Generalsekretär, Kardinal Mario Grech, den Generalrelator, Kardinal Jean-Claude Hollerich, die beiden Untersekretäre, Bischof Luis Marín de San Martín und Nathalie Becquart, sowie die beiden Sondersekretäre Pater Giacomo Costa und Riccardo Battocchio organisiert. Costa koordiniert die Moderatoren der Kleingruppen, Battocchio die theologischen Experten. Der Generalsekretär, der Generalrelator und die Sondersekretäre werden keiner der Arbeitsgruppen fest zugeordnet, sie können aber in allen mitarbeiten.
Synoden-Kommissionen für Kommunikation, Streitfälle und Redaktionsarbeit
Drei Kommissionen werden eingerichtet: je eine Kommission für Kommunikation, für Streitfälle und für den zusammenfassenden Bericht, den die erste Sitzungsperiode als Ergebnis vorlegt. Die Kommission für Streitfälle besteht aus drei vom Papst benannten Personen, die Konfliktfälle aufnehmen und dem Papst zur Entscheidung vorlegen. Eine Kommission für die Abfassung des Abschlussdokuments wird erst bei der zweiten Sitzungsperiode eingerichtet.
Im Vorfeld der Synode wurde vor allem die Frage nach der Öffentlichkeit der Synode diskutiert. Dafür ist die Kommission für Information zuständig. Sie soll eng mit dem Generalsekretariat der Synode und dem Kommunikationsdikasterium zusammenarbeiten und ist für die Berichterstattung aus der Synode zuständig. Die Kommission besteht aus einem vom Papst ernannten Vorsitzenden und einem Sekretär, dem Generalsekretär, dem Generalrelator und den weiteren Synodensekretären sowie dem Präfekten des Kommunikationsdikasteriums und dem Leiter des vatikanischen Pressesaals. Die Synode selbst wählt sieben weitere Mitglieder, die die einzelnen Kontinente repräsentieren.
Die Redaktionskommission arbeitet unter Leitung des Generalrelators. Zu ihr gehören außerdem der Generalsekretär und der Sondersekretär, der die Theologen koordiniert, sieben aus den kontinentalen Gruppen von der Versammlung gewählte und drei vom Papst ernannte Mitglieder.
Wählbar sind jeweils alle Mitglieder der Synode außer denen, die bereits in synodenleitenden Ämtern sind. Niemand kann in mehrere Kommissionen gewählt werden.
Regeln für die Delegierten
Repräsentation und freie Meinungsäußerung
Das Regolamento betont die Freiheit der einzelnen Mitglieder, ihre eigene Meinung zu vertreten und frei und ihrem Gewissen folgend abzustimmen, freilich unter Beachtung des Wohls der Kirche. Auch wenn es kein imperatives Mandat für sie gibt, sollen die von Bischofskonferenzen, katholischen Ostkirchen und Ordensoberenvereinigungen entsandten Mitglieder die Beratungen in den sie entsendenden Organisationen berücksichtigen. Die Mitglieder ohne Bischofsweihe sollen die Beratungen in den regionalen synodalen Prozessen, an denen sie beteiligt werden, einbringen.
Geheimhaltungsregeln
Anders als zuvor befürchtet, stehen die Beratungen nicht formal unter dem päpstlichen Geheimnis, der höchsten kirchlichen Geheimhaltungsstufe nach dem Beichtsiegel. Dennoch werden alle Teilnehmenden auf Vertraulichkeit und Diskretion verpflichtet hinsichtlich ihrer eigenen Beiträge und denen anderer. Diese Pflicht besteht auch nach der Versammlung fort.
Die Teilnehmenden dürfen auch keine Ton- und Filmaufnahmen von ihren Beiträgen machen. (Ein Selfie-Verbot gibt es aber nicht.) Nur die Auftaktplena mit den Einführungen in die Abschnitte des Arbeitsdokuments werden live gestreamt. Aufgenommen wird dennoch die ganze Synode. Die Beratungen werden aber nicht veröffentlicht, sondern in den Archiven des Generalsekretariats aufbewahrt. Begründet wird diese Vertraulichkeit damit, dass so die Redefreiheit aller geschützt und eine aufgeheizte Diskussionsatmosphäre vermieden wird.
Das Generalsekretariat bestimmt zusammen mit dem Kommunikationsdikasterium ein Team von Pressesprechern, die die Synode begleiten und Veröffentlichungen vorbereiten, dabei aber ebenfalls an die Vertraulichkeit gebunden sind. Akkreditierte Journalisten dürfen nur zu ausgewählten Anlässen in die Synodenaula, die im Regolamento nicht näher benannt sind.
Anwesenheit
Die Anwesenheit der einzelnen Mitglieder wird regelmäßig überprüft. Sowohl das Generalsekretariat als auch die Synoden-Kommission für Information erfahren stets, wer an- und abwesend ist. Diese Information wird durch das Generalsekretariat auch dauerhaft archiviert. Wer aus einem schwerwiegenden Grund an einer Sitzung nicht teilnehmen kann, muss das Generalsekretariat darüber informieren.
Gebet und Arbeit
Vorgaben zur Liturgie
Die Regeln für den Ablauf der Synode beginnen mit den geplanten liturgischen Feiern. Darunter finden sich auch sehr kleinteilige Bestimmungen, etwa die Eröffnung mit der Inthronisation der Evangelien und dem Gesang des "Veni Creator Spiritus" und der Abschluss mit dem "Te Deum".
Bischöfe und Priester konzelebrieren bei den Messen, Diakone übernehmen die ihnen zukommenden Dienste, Laien üben bei Bedarf liturgische Dienste aus. Für die Gäste aus anderen christlichen Gemeinschaften wird eigens betont, dass sie im Rahmen des geltenden Kirchenrechts zur Mitfeier eingeladen sind.
Arbeitsgruppen
Die Arbeitsgruppen sind nach inhaltlichen und sprachlichen Kriterien zusammengestellt. Es gibt italienische, englische, französische, portugiesische und spanische Gruppen. Bei der Zusammensetzung wird auf eine geographische Vielfalt der Teilnehmer Wert gelegt.
Den ersten Teil des Arbeitsdokuments beraten alle Arbeitsgruppen, von den drei weiteren Teilen berät jede Arbeitsgruppe jeweils nur einen. Die Beratungen nach der Methode beginnen mit vierminütigen Beiträgen der Teilnehmenden, die schriftlich dem Synodensekretariat mitgeteilt werden dürfen. Die Gruppen wählen ihren Berichterstatter selbst, die Ergebnisse der Gruppen werden inklusive der Abstimmungsergebnisse und einem Bericht über Konsens und unterschiedliche Einschätzungen eingereicht.
Vollversammlungen
Im Plenum gibt es eine Redezeitbegrenzung von drei Minuten. Das Mikrofon der Redner wird nach dieser Zeit, wenn nötig, abgeschaltet. Wer im Plenum redet, soll sitzend von seinem Platz aus so langsam sprechen, dass die Simultanübersetzung folgen kann. Mehrfache Redebeiträge sind zulässig, allerdings werden Mitglieder erst dann zum zweiten Mal aufgerufen, wenn alle, die zum ersten Mal im Plenum sprechen, zu Wort kamen. Die Einreichung einseitiger schriftlicher Beiträge, die nicht mündlich vorgetragen werden, ist jederzeit möglich. Im Plenum sind regelmäßige Phasen der Stille vorgesehen, um über Redebeiträge zu reflektieren. Die Abstimmungen finden elektronisch statt.
In der Synodenaula müssen alle an ihrem vom Generalsekretariat zugewiesenen Platz sitzen. Einen klaren Dresscode gibt es nur für Kardinäle und Bischöfe: Zu den Eröffnungs- und Abschlusssitzungen müssen sie ihre Soutane tragen. Für alle Teilnehmenden ist vorgeschrieben, dass sie stets ihren Synodenausweis bei sich tragen. Nur mit dem dort angebrachten QR-Code können sie die Aula betreten und auf digitale Dokumente zugreifen.
Die offiziellen Sprachen für die Vollversammlung sind italienisch und englisch. Redebeiträge sind auch auf französisch, portugiesisch und spanisch zulässig. Deutsch taucht unter den erlaubten Sprachen zwar nicht auf, dennoch werden Beiträge in der Simultanübersetzung auch auf deutsch zur Verfügung gestellt.
Infrastruktur und Service
Alle Synodenmitglieder haben einen eigenen Briefkasten. Den können aber nur die Synodenmitglieder und das Sekretariat frei nutzen. Material von außen darf nur mit Zustimmung des Generalsekretariats verteilt werden.
Um die Synodenaula herum wurden ein Fundbüro, ein Buchgeschäft des Vatikanverlags, eine Fotoausstellung mit Fotos aus der Versammlung, ein Schalter für Flugtickets und ein Bankschalter eingerichtet. Für die Pausen gibt es eine Snackbar – dort gibt es aber nur "bescheidene" Angebote, heißt es im Anhang des Regolamento.
Weltsynode trifft sich in Rom: Ablauf, Themen und Probleme
Seit zwei Jahren läuft die Bischofssynode zur Synodalität. Nun erreicht sie einen weiteren Höhepunkt: die Generalversammlung in Rom. Was erwartet die rund 450 Teilnehmenden der Weltsynode? Wie sieht ihr Alltag aus? Und: Wie könnte es bis 2024 weitergehen? Katholisch.de hat alle Infos gesammelt.
Arbeit am Text
Fünf Arbeitsmodule
Das Arbeitsdokument wird in vier Abschnitten beraten. Dazu gibt es vier Arbeitsmodule, die jeweils ähnlich strukturiert sind: Eine Sitzung der Vollversammlung mit einer einführenden Rede des Generalrelators und gegebenenfalls weiteren Einführungen, zwei Sitzungen der Arbeitsgruppen nach der Methode des "geistlichen Gesprächs", in denen ein Beitrag für das Plenum vorbereitet wird, zwei oder drei Sitzungen der Vollversammlung für die in den Gruppen vorbereiteten Beiträge und schließlich eine Arbeitsgruppensitzung, um ihren Abschlussbeitrag festzulegen. Die Arbeitsgruppen übergeben ihren abgestimmten Beitrag dann dem Generalsekretariat.
Das Modul für den zusammenfassenden Bericht als Zwischenergebnis der ersten Sitzungsperiode folgt diesem Grundaufbau ohne einführende Reden. Das Arbeitsdokument der Synode wird in zwei Teile unterteilt, die jeweils nach dem gleichen Vorgehen beraten werden: Auf zwei Sitzungen der Vollversammlung zur Einführung und Diskussion folgt eine Sitzung der Arbeitsgruppen, in denen Änderungsanträge formuliert werden, die sogenannten "modi". Darauf folgen wiederum zwei Vollversammlungen, eine zur Lesung des ergänzten Zwischenberichts und eine für die Abstimmung.
Die Methode des "geistlichen Gesprächs" wurde vom Generalsekretariat im Vorfeld der Synode erläutert und bereits für die vorbereitenden Phasen empfohlen. Sie basiert auf aktivem Zuhören und "Sprechen vom Herzen her". Vor den Beratungen sollen die Teilnehmer im Gebet über die vorliegenden Fragen reflektieren. Über die Früchte dieses Gebets tauschen sich die Teilnehmenden aus. Nach jeder Diskussionsrunde folgt eine stille Phase, bevor schließlich Ergebnisse der Gruppenarbeit zusammengefasst werden.
Zusammenfassender Bericht der ersten Sitzungsperiode
Die Bischofssynode tagt in zwei Sitzungsperioden. Jetzt im Oktober findet die erste statt, die zweite ist für den Oktober 2024 angesetzt. Ziel der ersten Sitzungsperiode ist die Formulierung eines zusammenfassenden Berichts, der die Diskussionsgrundlage für die Vorbereitung der zweiten Sitzungsperiode darstellt.
Der Entwurf für den zusammenfassenden Bericht wird von den Sondersekretären der Synode zusammengestellt. Dabei wirken die berufenen Experten mit. Koordiniert wird die Redaktionsarbeit vom Generalrelator. Am Ende braucht der Bericht eine absolute Mehrheit der Kommission für den Entwurf, der den Mitgliedern der Synode zur Abstimmung vorgelegt wird. Im Plenum braucht der Bericht die Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder.