Standpunkt

Auch in Dunkelheit dieser Zeit gibt es Bündnisse der Hoffnung

Veröffentlicht am 16.10.2023 um 00:01 Uhr – Von Peter Otten – Lesedauer: 

Köln ‐ Ausgerechnet in der Düsternis dieser Zeit könnte die Stunde der Hoffnung schlagen, glaubt Peter Otten. Auch in seiner Arbeit entdeckt er Lichtzeichen und sieht eine Chance für die Kirche – wenn sie sich nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

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Am Ende dieser Woche voller Schrecknisse erreichte mich die Mail eines Freundes: "Ich war lange nicht mehr so pessimistisch wie jetzt. Gott schütze uns vor dem billigen Trost der Religion."

Vielleicht aber schlägt ausgerechnet in dieser bleiernen Düsternis paradoxerweise die Stunde der Hoffnung. Das schreibt jedenfalls die französische Philosophin Corine Pelluchon in ihrem neuen Buch. Der Optimismus ignoriere die gewaltige Kraft der Verzweiflung und suggeriere, es gebe immer eine Lösung für alle Probleme. Dagegen formuliert sie die Hoffnung eher als eine existentielle Haltung, die mitten in der Verzweiflung entsteht: "Hoffnung ist die Reaktion auf Verzweiflung, und wir werden sehen, dass sie ein Sprung kraft des Absurden ist: ein Akt, der nicht das Ergebnis reiflicher Überlegung ist, (…) ein Wagnis oder etwas, das sich wie die Gnade ereignet, von der die Christen sprechen."

Hoffnung entstehe, wenn Menschen sich in der Düsternis zusammentun und gemeinsam nach Anzeichen von Licht Ausschau halten, so die Philosophin. "Was ich weiß, ist, dass wir eine Nacht erleben. Wir haben derzeit viele Probleme, erleben Kriege, Entmenschlichung und erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber unseren Mitmenschen, den Tieren, der Klimakrise. Ich glaube also nicht, dass wir am Ende dieser Nacht sind. Wir müssen die Dunkelheit ernst nehmen, ohne dabei zu denken, dass sie niemals enden wird. Denn ja, auch in der tiefsten Nacht gibt es ein Licht. Wir müssen lernen, es wahrzunehmen.“

Pelluchon findet diese Lichtzeichen etwa im Feminismus oder auch in der Tierrechtsbewegung. Ich merke, dass ich dankbar bin, dass ich sie mitunter (auch in meiner Arbeit) ebenfalls zu entdecken meine: Beim Kirchenasyl, in der Begegnung mit Tierfreunden oder neulich, als Verwandte eines Sterbenden diesen mit bewundernswerter Zuneigung in den Tod begleitet haben. "Das ist diese Energie, die es braucht. Sie ist nicht spektakulär, sondern intensiv und mutig", sagt Pelluchon. "Und sie hat eine sanfte Kraft."

Klar, es ist eine herausfordernde Gegenwartsaufgabe, die Düsternis und den Schrecken nicht zu ignorieren. Und doch entstehen mitten darin Bündnisse der Hoffnung. Dort könnte sich auch die spirituelle Kraft der Kirchen neu entfalten, wenn es ihnen gelänge, ihre oftmals eitle institutionelle Selbstbespiegelung endlich abzulegen.

Von Peter Otten

Der Autor

Peter Otten ist Pastoralreferent in der Pfarrgemeinde St. Agnes in Köln. Seit einigen Jahren bloggt er unter www.theosalon.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.