Von Krise bis Freundschaft
Den Anfang der Krise machte das Ehe- und Lebensverhalten von König Heinrich VIII. (1491-1547). Papst Clemens VII. verweigerte dem Monarchen die Eheannulierung. Das interessierte Heinrich VIII. jedoch wenig – er heiratete heimlich Anne Boleyn, die allerdings nicht seine letzte Ehefrau sein sollte. 1534 erfolgte schließlich die Exkommunikation durch Rom.
Noch im gleichen Jahr setzte Heinrich im Parlament die sogenannte Suprematsakte durch, wodurch der König per Gesetz als "höchstes Oberhaupt der Kirche von England auf Erden" anerkannt wurde. Die Trennung von Rom war damit offiziell besiegelt. 1536 erschienen schließlich die "10 Artikel" der anglikanischen Staatskirche, die die Heilige Schrift als Glaubensnorm festsetzten und sich auf die Sakramente Taufe, Buße und Abendmahl festlegten.
Das Bild vom Katholizismus begann sich zu wandeln
Für Katholiken bedeutete das nichts Gutes. Jedem, der Heinrich VIII. nicht bedingungslos folgte, drohte Haft und mitunter sogar der Tod. Viele Katholiken stammten aus Irland, sie waren vor Hunger und Elend geflohen – und hatten es jetzt doch nicht wirklich besser getroffen. Katholiken galten als unterprivilegiert. In der akademischen Welt spielten sie – bis auf wenige Ausnahmen – bis in die 1950er Jahre kaum eine Rolle. Ansehen erlangte die katholische Kirche vielmehr durch ihr karitatives und schulisches Engagement. Langsam gab es auch katholische Ärzte, Rechtsanwälte und Parlamentsabgeordnete. Das Bild vom Katholizismus und seinen Vertretern begann sich zu wandeln.
Die positive Entwicklung hat die katholische Kirche aber auch ausgerechnet der berühmtesten Gläubigen der anglikanischen Church of England zu verdanken, die an diesem Dienstag ihren 89. Geburtstag feiert. Noch als Thronfolgerin reiste Elizabeth in Begleitung ihres Ehemannes Philip nach Italien, wo sie Papst Pius XII. (1939-1958) am 13. April 1951 im Rahmen einer Privataudienz empfing. Für gute Stimmung in der Heimat sorgte die Visite allerdings nicht: Dass die zukünftige Königin im Rahmen eines Staatsbesuches den Papst aufsuchte, sorgte für Kritik.
Zehn Jahre später sollte sich das geändert haben. Pontifex war nun Johannes XXIII., der gerade das Zweite Vatikanische Konzil einberufen hatte. Auch Elizabeth hatte sich entwickelt. Aus der Thronfolgerin war mittlerweile eine Regentin geworden. Am 5. Mai 1961 trafen sich die beiden. Zu Gast waren dieses Mal auch rund 600 Priester, Seminaristen und Ordensfrauen aus den Ländern des Commonwealth, die die Queen hochleben ließen. Und Kritik wurde dieses Mal kaum laut. Stattdessen erklärte Papst Johannes XXIII. im Anschluss an das knapp halbstündige Gespräch, das Verhältnis zwischen England und dem Vatikan sei niemals herzlicher gewesen.
Mehrfache Treffen mit Johannes Paul II.
Bis zum nächsten Besuch bei einem Papst sollte dann jedoch Zeit vergehen. Erst 20 Jahre später – die Queen hatte derweil sechs US-Präsidenten getroffen – war Elizabeth wieder zu Gast im Vatikan. Papst war nun Johannes Paul II. (1978-2005). Mit ihm sprach sie am 17. Oktober 1980 unter anderem über den für 1982 geplanten Papstbesuch in England. Der polnische Pontifex ist übrigens der einzige Papst, den die Queen mehrfach traf. So war die Königin auch noch einmal im Heiligen Jahr 2000 zu Gast im Kirchenstaat.
2010 traf Elizabeth schließlich Papst Benedikt XVI. (2005-2013). Er war der erste Papst seit dem Bruch mit der Kirche von Rom, der dem Vereinigten Königreich einen Staatsbesuch abstattete. Johannes Paul II. hatte Großbritannien "nur" im Rahmen einer Pastoralvisite besucht. Die Queen empfing Benedikt XVI. in ihrer schottischen Residenz Holyroodhouse in Edinburgh.
Auch wenn das Treffen wie so häufig "herzlich" verlief – Kritik gab es dennoch. Drei Viertel der Briten gaben an, dass der Staat kein Geld in den Besuch investieren solle. Für die viertägige Visite war mit Kosten in Höhe von deutlich über 20 Millionen Pfund (24 Millionen Euro) gerechnet worden. Bis zu zwölf Millionen davon sowie die Kosten für den Polizeieinsatz mussten die Steuerzahler tragen. Zudem hatte der kurz zuvor ins Rollen gebrachte Missbrauchsskandal die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttert und auch die Skepsis der Briten gegenüber dem Vatikan wieder verstärkt.
Krisen in der Ökumene
Benedikt XVI. hatte kurz vor seiner Reise außerdem die Konstitution "Anglicanorum coetibus" verabschiedet und damit die Möglichkeit für anglikanische Gläubige geschaffen, kollektiv zur katholischen Kirche überzutreten. Ihre liturgische Tradition können sie jedoch beibehalten. Die Entscheidung wurde gemischt aufgenommen: Der anglikanische Primas Rowan Williams hatte die Entscheidung Benedikts als einen weiteren Schritt auf dem Weg des Dialogs und der Zusammenarbeit beider Kirchen begrüßt. Andere befürchteten eine Austrittswelle vor allem konservativer Anglikaner, die beispielsweise mit der liberalen Haltung der anglikanischen Kirche gegenüber Homosexuellen haderten. Zu der kam es allerdings nicht. Die Ökumene hatte zuletzt erneut gelitten: Viele katholische und orthodoxe Bischöfe kritisierten die anglikanische Kirche für ihre Entscheidung, Frauen zu Bischöfinnen zu weihen sowie die liberale Haltung der Kirche gegenüber Homosexuellen.
Entspannung zeichnete sich zuletzt wieder beim Besuch der Königin beim aktuellen Papst ab, auch weil brisante Themen eher keine Rolle spielten. Im April 2014 traf Elizabeth Franziskus. Eine halbe Stunde sprachen die beiden religiösen Oberhäupter in ungezwungener und lockerer Atmosphäre, wie es hinterher hieß. Ob sie sich ein weiteres Mal treffen oder die Queen noch einen weiteren Papst erleben wird, bleibt dann aber doch ungewiss. (mit Material von KNA)
Von Sophia Michalzik