Die Kirche braucht dringend mehr heilige Ehepaare
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
"Ehen werden im Himmel geschlossen und in der Hölle gelebt." Davon war die griechische Operndiva Maria Callas überzeugt. Auch wenn ich ihr nicht zustimme – mit Blick in den katholischen Heiligenkalender könnte man fast meinen, sie hätte Recht. Denn heilige Ehepaare gibt es nur sehr wenige. Heute allerdings gedenkt die Kirche der heiligen Daria und des heiligen Chrysanthus. Ihn, gegen den Willen seines Vaters Christ geworden, konnten nicht einmal fünf Jungfrauen in seinem Schlafzimmer verführen, wieder vom Glauben abzulassen. Stattdessen bekehrte er die heidnische Priesterin Daria zum Christentum und heiratete sie.
Beide gelobten sich eine Ehe in Keuschheit, wurden dann aber wegen ihres Bekenntnisses um 285 lebendig begraben. Bei aller Ehrfurcht vor diesem antiken Martyrium: Das sind ebenso wenig Szenen einer normalen Ehe wie die Geschichte der heiligen Louis und Zélie Martin im 19. Jahrhundert. Beide wollten zunächst ein geistliches Leben im Orden führen, wurden jedoch daran gehindert. Von ihren neun Kindern erreichten fünf Mädchen das Erwachsenenalter, die allesamt ins Kloster gingen. Eine von ihnen war die heilige Thérèse von Lisieux.
Muss ein Paar also gemeinsam das Martyrium erleiden wie Daria und Chrysanthus, um als heilig zu gelten? Oder wie Ludwig und Zäzilia lauter heiligmäßig lebende Kinder großziehen? Umgekehrt gefragt: Ist es schwierig, in einer alltäglichen Ehe heiligmäßig zu leben? Oder wird schlicht das christliche Eheleben zu wenig als Ort heroischer Tugendübungen und alltäglicher vorbildlicher Bewährung des Glaubens betrachtet? Jedenfalls scheint kirchlicherseits die Eheschließung verheißungsvoller – oder mit der Callas gesprochen: himmlischer – bewertet zu werden als der graue Ehealltag.
Dabei müssen sich doch Glaubensleben und Alltagsfrömmigkeit der meisten Christinnen und Christen in Partnerschaft und Ehe bewähren. In einer treuen, fehlerfreundlichen und barmherzigen Beziehungsarbeit. In verantwortlicher Elternschaft, geduldiger Erziehung und Dialogbereitschaft mit Kindern, die dem Paar geschenkt werden – oder im Aushalten der Tatsache, dass der Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Im würdevollen gemeinsamen Altwerden mit Nachsicht und Geduld. Und nicht zuletzt im Umgang mit Schuld und Scheitern.
Wenn die Heiligen "Vorbilder und Fürsprecher" (Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 828) für die Gläubigen sein sollen, bräuchte die Kirche ganz dringend mehr heilige Ehepaare. Aber bitte ganz normale.
Der Autor
Dominik Blum ist Pastoraler Koordinator in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.