Papst Franziskus ordnet Prozess gegen Rupnik an
Papst Franziskus hat das Glaubensdikasterium damit beauftragt, den Fall Rupnik neu aufzurollen. Am Freitagnachmittag teilte der Pressesaal des Heiligen Stuhls mit, dass der Papst die Verjährung der Vorwürfe gegen den Ex-Jesuiten aufgehoben hat, sodass nun doch noch ein Prozess stattfinden kann. Laut der Mitteilung hatte die Päpstliche Kinderschutzkommission den Papst im September über ernsthafte Probleme im Umgang mit dem Fall und unzureichenden Umgang mit den Betroffenen aufmerksam gemacht. "Der Papst ist fest davon überzeugt, dass die Kirche aus der Synode vor allem eines lernen muss: aufmerksam und mitfühlend denen zuzuhören, die leiden, insbesondere denen, die sich von der Kirche ausgegrenzt fühlen", so die Pressemeldung weiter.
Wie im staatlichen Recht sieht auch das kirchliche Straf- und Prozessrecht Verjährungsfristen vor, die je nach Delikt bis zu 20 Jahren ab dem 18. Geburtstag des Opfers dauern können. Die Fristen wurden seit dem Jahr 2001 mehrfach verlängert. Seit 2010 kann das Glaubensdikasterium die Verjährung aufheben und so eine kirchenstrafrechtliche Verfolgung doch noch ermöglichen.
Am Freitagmorgen wurde durch den vatikannahen Informationsdienst "Il Sismografo" eine E-Mail eines Mitglieds der Kinderschutzkommission an Betroffe von mutmaßlichen Missbrauchstaten Rupniks veröffentlicht. Darin drückt die mexikanische Psychiaterin Patricia Espinosa die Sorge der Päpstlichen Kommission über den Umgang mit den mutmaßlichen Rupnik-Betroffenen aus. Die Kommission wolle in Erfüllung ihres Auftrags die Prozesse und Maßnahmen überprüfen, mit denen auf die Beschwerden von Betroffenen reagiert wurde.
Scharfe Kritik von Betroffenen am Papst
Mitte September hatten Betroffene scharfe Kritik am Umgang des Papstes und des Vikariats Rom mit dem mutmaßlichen Missbrauchstäter Marko Rupnik und dem von ihm gegründeten "Centro Aletti" geäußert. Das vom Vikariat veröffentlichte Ergebnis einer Visitation, in dem die von Rupnik gegründete Gemeinschaft und Rupnik selbst von Vorwürfen entlastet wurden, zeige, dass die Kirche sich nicht um Opfer kümmere, hieß es in dem offenen Brief.
Der Fall Rupnik wurde im Dezember 2022 publik. Ermittlungsverfahren des Jesuitenordens unter Leitung der Glaubenskongregation endeten mit der Feststellung, dass die mutmaßlichen Verfehlungen verjährt seien. 2022 untersagte der Jesuitenorden Rupnik die öffentliche Ausübung seines Priesteramts und ordnete weitere Auflagen an. Mitte Juni wurde er aus dem Orden ausgeschlossen, nachdem er die Auflagen anscheinend ignoriert hatte. Gegen den Ausschluss hatte der Priester keine Rechtsmittel eingelegt. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Rupnik in die slowenische Diözese Koper inkardiniert wurde und damit wieder grundsätzlich sein Priesteramt ausüben kann.
Im Vikariat, dem Teil des Bistums Rom außerhalb des Vatikans, wurde die Mosaikwerkstatt "Centro Aletti" und die dazugehörende Gemeinschaft einer Visitation unterzogen. Aus den Mitte September veröffentlichten Informationen des Vikariats über den Visitationsbericht gehen Zweifel an den Vorwürfen sexualisierter Gewalt gegen den Ex-Jesuiten hervor. Betroffene zeigten sich entsetzt über den Visitationsbericht, der aus ihrer Sicht dazu beitragen soll, Rupnik zu rehabilitieren. Außerdem kritisieren die Betroffenen, dass sich Papst Franziskus zwar mit der Leiterin des Zentrums, nicht aber mit ihnen treffe. Unterdessen wurde eine Vertraute des Priesters von ihrem Amt als Oberin der von Rupnik gegründeten Loyola-Kommunität enthoben und Sanktionen gegen sie verhängt. Dazu gehört neben Aufenthaltsverboten die Auflage monatlicher Bußwallfahrten, bei denen sie "für die Opfer des Verhaltens von Pater Marko Ivan Rupnik und für alle Ordensfrauen der Loyola-Gemeinschaft" beten soll, die unter ihrer Leitung zum Schaden gekommen sind. (fxn)