E-Mail von Kommissionsmitglied an Betroffene veröffentlicht

Medien: Päpstliche Kinderschutzkommission untersucht Fall Rupnik

Veröffentlicht am 27.10.2023 um 13:09 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Vieles ist unklar im Fall Rupnik. Betroffene, die ihm geistlichen und sexuellen Missbrauch vorwerfen, klagen über mangelnde Unterstützung durch die zuständigen kirchlichen Stellen. Nun scheint die Päpstliche Kinderschutzkommission den Fall zu untersuchen.

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Medienberichten zufolge soll die Päpstliche Kommission für den Schutz der Minderjährigen den Fall Rupnik untersuchen. Der vatikannahe Informationsdienst "Il Sismografo" veröffentlichte am Freitag eine E-Mail, die das Kommissionsmitglied Patricia Espinosa an die Unterzeichnerinnen eines offenen Briefs von Betroffenen geschickt haben soll. Eine Anfrage an die Kommission dazu ist noch unbeantwortet. In dem Schreiben drückt Espinosa die Sorge der Päpstlichen Kommission über den Umgang mit den mutmaßlichen Rupnik-Betroffenen aus. Daher wolle die Kommission in Erfüllung ihres Auftrags die Prozesse und Maßnahmen überprüfen, mit denen auf die Beschwerden von Betroffenen reagiert wurde. In dem Schreiben wird die Kommission als "Tutela Minorum und für vulnerable Personen" bezeichnet; im offiziellen Namen der Kommission werden vulnerable Personen nicht erwähnt.

Mitte September hatten Betroffene scharfe Kritik am Umgang des Papstes und des Vikariats Rom mit dem mutmaßlichen Missbrauchstäter Marko Rupnik und dem von ihm gegründeten "Centro Aletti" geäußert. Das vom Vikariat veröffentlichte Ergebnis einer Visitation, in dem die von Rupnik gegründete Gemeinschaft und Rupnik selbst von Vorwürfen entlastet wurden, zeige, dass die Kirche sich nicht um Opfer kümmere, hieß es in dem offenen Brief.

Keine Revision von Urteilen, nur Überprüfung von Verfahren

Espinosa, die als Psychiaterin und Psychotherapeutin an der katholischen Universität "Lumen Gentium" in Mexiko lehrt, betont in ihrem Schreiben, dass die Päpstliche Kommission lediglich "Qualität, Effektivität und Effizienz der Betreuung der Opfer (psychologisch, medizinisch, spirituell, seelsorgerisch, juristisch) sowie die vom Kirchenrecht vorgesehenen Verfahren während des gesamten Prozesses" überprüfen könne. Entscheidungen von kirchlichen Gerichten und Institutionen könne sie nicht revidieren. Die Kommission wolle sicherstellen, dass die Verfahren zum Umgang mit Betroffenen "fair, transparent und angemessen" sind. Da es viele ähnlich gelagerte Fälle von Machtmissbrauch und sexuellem Missbrauch in der Kirche gebe, sei eine Überprüfung der Verfahren wichtig.

Der Fall Rupnik wurde im Dezember 2022 publik. Ermittlungsverfahren des Jesuitenordens unter Leitung der Glaubenskongregation endeten mit der Feststellung, dass die mutmaßlichen Verfehlungen verjährt seien. In einem anderen Fall war Rupnik im Mai 2020 nach drei Jahren Ermittlungen und Verfahren per Dekret der Glaubenskongregation exkommuniziert worden. Er hatte eine der Frauen, die er zum Geschlechtsverkehr gedrängt hatte, in der Beichte von dieser Tat losgesprochen. Noch im selben Monat wurde die Exkommunikation wieder aufgehoben, weil der Täter gestanden und bereut hatte.

2022 untersagte der Jesuitenorden Rupnik die öffentliche Ausübung seines Priesteramts und ordnete weitere Auflagen an. Mitte Juni wurde er aus dem Orden ausgeschlossen, nachdem er die Auflagen anscheinend ignoriert hatte. Gegen den Ausschluss hatte der Priester keine Rechtsmittel eingelegt. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Rupnik in die slowenische Diözese Koper inkardiniert wurde und damit wieder grundsätzlich sein Priesteramt ausüben kann.

Unzufriedenheit von Betroffenen auch mit dem Papst

Im Vikariat, dem Teil des Bistums Rom außerhalb des Vatikans, wurde die Mosaikwerkstatt "Centro Aletti" und die dazu gehörende Gemeinschaft einer Visitation unterzogen. Aus den Mitte September veröffentlichten Informationen des Vikariats über den Visitationsbericht gehen Zweifel  an den Vorwürfen sexualisierter Gewalt gegen den Ex-Jesuiten hervor. Obwohl die Exkommunikation in die Zuständigkeit des Glaubensdikasteriums fiel, äußerte der Visitator Zweifel an dem Ablauf. Auf welche Quellen er sich dabei stützte, ist nicht bekannt. Betroffene zeigten sich entsetzt über den Visitationsbericht, der aus ihrer Sicht dazu beitragen soll, Rupnik zu rehabilitieren. Außerdem kritisieren die Betroffenen, dass sich Papst Franziskus zwar mit der Leiterin des Zentrums, nicht aber mit ihnen treffe. Unterdessen wurde eine Vertraute des Priesters von ihrem Amt als Oberin der von Rupnik gegründeten Loyola-Kommunität enthoben und Sanktionen gegen sie verhängt. Dazu gehört neben Aufenthaltsverboten die Auflage monatlicher Bußwallfahrten, bei denen sie "für die Opfer des Verhaltens von Pater Marko Ivan Rupnik und für alle Ordensfrauen der Loyola-Gemeinschaft" beten soll, die unter ihrer Leitung zum Schaden gekommen sind.

Die Päpstliche Kinderschutzkommission wurde 2014 eingerichtet und ist seit der Kurienreform im vergangenen Jahr an das Glaubensdikasterium angegliedert. Sie hat die Aufgabe, dem Papst "Initiativen vorzuschlagen, um die Verantwortung der Teilkirchen für den Schutz aller Minderjährigen und gefährdeten Erwachsenen zu fördern", wie es in ihrem Statut heißt. Unter der Leitung von Kardinal Sean O'Malley besteht sie aus bis zu 18 Mitgliedern. Im April trat der deutsche Jesuit und Kinderschutzexperte Hans Zollner aufgrund von ihm beklagter struktureller Probleme von seinem Kommissionsmandat zurück. Im März teilte Papst Franziskus mit, dass er der Kommission den Auftrag gegeben habe, in allen Ländern zu überprüfen, ob die Kirche das Nötige tue, um sexualisierte Gewalt zu verhindern und zu ahnden. (fxn)