Stetter-Karp zu Synodalem Ausschuss: Erwarte keine weichen Debatten
Der Synodale Ausschuss ging aus dem Synodalen Weg hervor, soll diesen fortführen und die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten, in dem Bischöfe und Laien ab 2026 ihre Gespräche über Reformen in der Kirche versteigen wollen. Trotz der gescheiterten Finanzierung über den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und vieler Kritik, gerade aus dem Vatikan, findet am kommenden Freitag und Samstag (10. und 11. November) in Essen die konstituierende Sitzung des Ausschusses statt. Träger sind wie beim Synodalen Weg die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), die beide theoretisch 27 Delegierte entsenden; dazu kommen noch 20 weitere, die von der Vollversammlung des Synodalen Wegs gewählt wurden. Im Interview erläutert ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp, was von dem Gremium zu erwarten ist, wie es bei den bislang offenen Fragen aussieht – und welchen Einfluss die Ergebnisse der Weltsynode eventuell auf die Arbeit haben.
Frage: Frau Stetter-Karp, mit wie vielen Bischöfen rechnen Sie bei der ersten Sitzung des Synodalen Ausschusses? Die vier, die gegen eine Finanzierung über den VDD gestimmt haben, werden ja wohl nicht kommen – Bischof Oster schon mal definitiv nicht.
Stetter-Karp: Ich erwarte zunächst die verbindliche Teilnahme von allen, zumindest von denen, die nicht gegen eine gemeinsame Finanzierung gestimmt haben. Wenn es doch weniger sind, würde ich auf die Gründe derjenigen schauen wollen, die nicht kommen. Aber wie viele es wirklich sind, ist eine Frage, die die Bischofskonferenz beantworten muss. Ich kann nur sagen, dass alle 27 ZdK-Delegierte ihr Kommen verbindlich zugesagt haben.
Frage: Es gibt oder gab im Vorfeld einige weitere Fragezeichen, etwa bei der Finanzierung. Können Sie da etwas zum Stand der Dinge sagen?
Stetter-Karp: Auch diese Frage stellen Sie bitte der DBK. Wir gehen davon aus, dass wir den aktuellen Stand kennen, aber die Bischofskonferenz ist zuständig. Sie hat auch früh uns gegenüber vermittelt, dass sie sich als zuständig sieht.
Frage: Was sind grundsätzlich Ihre Erwartungen an die Arbeit im Synodalen Ausschuss?
Stetter-Karp: Wir als ZdK erwarten die konsequente Fortsetzung des Synodalen Wegs mit seinen fünf Synodalversammlungen. Die dort gefassten Beschlüsse sind mit Zustimmung einer bischöflichen Zweidrittelmehrheit nun Grundlage der Arbeit. Ich erwarte, dass wir gemeinsam an Tempo zulegen. Der Zeitraum von März bis jetzt war aus Sicht der Laien eher kritisch. Wir hätten uns mehr Geschwindigkeit und Entschiedenheit bei der Umsetzung einzelner Handlungstexte gewünscht, aber auch bei der Frage, wie die Arbeitsgruppen aufgebaut werden. Ich kann zur Haltung des ZdK nur sagen, dass wir nicht lockerlassen werden – zum einen in der Verantwortung für die Menschen, zum anderen für die Kirche. Insofern setze ich darauf, dass der Synodale Ausschuss Entscheidungen trifft.
Frage: Wenn wir jetzt einen Blick voraus werfen: Worum wird es bei der ersten Sitzung konkret gehen?
Stetter-Karp: Der Synodale Ausschuss wird zunächst Satzung und Geschäftsordnung des Gremiums beraten. Dazu gehören mehrere relevante Fragen. Diese Beratungen und Entscheidungen werden bei der konstituierenden Sitzung sicher im Mittelpunkt stehen. Und dann müssen wir schauen, dass wir die Agenda für die Arbeit Schritt für Schritt aufbauen. Jetzt geht es erstmal um den Rahmen, wie wir arbeiten sollen.
Frage: Beim Synodalen Weg gab es durchaus Konflikte um die Satzung. Erwarten Sie die auch jetzt?
Stetter-Karp: Es gibt schon Fragen, die nicht ganz einfach zu klären sein werden. Ich würde zwei erste Punkte benennen: Es wird eine Entscheidung geben müssen, ob der Ausschuss öffentlich tagt oder nicht – und wenn ja, wie genau. Auch wir im ZdK sehen – wie die DBK – zwischen den Synodalversammlungen in den vergangenen drei Jahren und diesem Synodalen Ausschuss, der ein Gremium in einer Übergangsphase ist, einen Unterschied. Aber unter den ZdK-Delegierten sind wir uns einig, dass wir die gute Erfahrung der öffentlichen Sitzung fortführen wollen. Die mediale Begleitung war aus unserer Sicht produktiv, und deshalb werden wir innerhalb der Satzung auch um die Frage der Öffentlichkeit ringen.
Frage: Wäre es allein aus praktischen Gründen nicht besser gewesen, das vor der ersten Sitzung zu entscheiden?
Stetter-Karp: Diese Frage haben wir uns im Präsidium auch gestellt. Aber am Ende fiel die Entscheidung, dass wir – also Bischof Bätzing und ich als die beiden Präsidenten – dem Ausschuss hier nicht vorweggreifen wollten, auch wenn wir unsere jeweilige Haltung sichtbar gemacht haben. Deshalb wird es bei der ersten Sitzung auf jeden Fall Pressemeldungen zu Beginn und am Ende geben und insgesamt eine Vermittlung der Ergebnisse nach außen.
Frage: Sie hatten von zwei möglicherweise kritischen Themen gesprochen. Was ist das andere?
Stetter-Karp: Das ist die Frage, welche Mehrheiten der Synodale Ausschuss braucht, um einen Beschluss wirksam zu fassen. Ich hatte zu dieser Frage bereits nach der fünften Synodalversammlung meine Position öffentlich gemacht. Die Haltung des ZdK-Präsidiums insgesamt ist: Wir wollen nicht mehr ein Sonderquorum einer Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe. Was wir uns durchaus vorstellen können, ist, dass es eine Zweidrittelmehrheit aller braucht, um die Beschlüsse nicht zu "leicht" zu machen. Das wäre für uns ein gangbarer Weg – und auch darum werden wir ringen.
Frage: Beim Synodalen Weg haben die Bischöfe auf die Sperrminorität von einem Drittel bestanden. Ich könnte mir daher vorstellen, dass das bei ihnen nicht so gut ankommt, wenn man sie ihnen "wegnehmen" will…
Stetter-Karp: Das mag sein. Aber wir haben gemeinsam Beschlüsse gefasst, die wir aus den Erfahrungen der MHG-Studie abgeleitet haben. Es geht dabei um die systemischen Ursachen des Missbrauchs, und dazu zählt auch das Thema Macht und Gewaltenteilung. Außerdem soll der Synodale Ausschuss ein Übergangsgremium sein. Es geht bei ihm nicht um dogmatische Entscheidungen, sondern wesentlich um die Frage der Arbeitsweise.
Frage: Wir haben jetzt über mögliche Schwierigkeiten bei der Satzung gesprochen. Erwarten Sie denn auch inhaltlich Konflikte im Verlauf der Beratungen im Synodalen Ausschuss? Die größten Kritiker oder Skeptiker wurden ja entweder nicht unter die 20 weiteren Delegierten gewählt oder sind auf bischöflicher Seite schon vorab ausgestiegen.
Stetter-Karp: Ich weiß nicht, ob man wirklich sagen kann, dass unter den Bischöfen keine skeptischen Denker mehr an Bord sind. Skepsis ist ja auch nicht per se schlecht, sondern Voraussetzung dafür, inhaltlich wirklich voranzukommen. Was unsere 27 ZdK-Delegierten angeht, wird dies eine entschlossene Gruppe innerhalb des Ausschusses sein. Und die 20 weiteren Delegierten wurden ja von der Synodalversammlung gewählt – mit dem klaren Blick darauf, wer für die Arbeit im Ausschuss geeignet sein könnte. Deshalb erwarte ich die Debatten nicht weicher, sondern gehe eher davon aus, dass wir – ich habe das Wort "ringen" schon ein paar Mal benutzt – tatsächlich einzelne Fragen ordentlich verhandeln werden.
„Was unsere 27 ZdK-Delegierten angeht, wird dies eine entschlossene Gruppe innerhalb des Ausschusses sein. Und die 20 weiteren Delegierten wurden ja von der Synodalversammlung gewählt – mit dem klaren Blick darauf, wer für die Arbeit im Ausschuss geeignet sein könnte.“
Frage: Welche Lehren haben Sie generell aus den Sitzungen in Frankfurt für die Beratungen beim Synodalen Ausschuss gezogen?
Stetter-Karp: Ich glaube, dass ganz basal die Sitzordnung, also nach Alphabet und nicht nach Amt, schon eine gute Vorausbedingung war, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Das zweite ist die Mischung aus nichtöffentlicher Arbeit in den Foren und der öffentlichen Arbeitsweise der Synodalversammlung. Das sehe ich im Rückblick in der Summe als gute Entscheidung an, die damals getroffen wurde. Das ist ein Grund, warum wir als ZdK sagen, dass wir im Synodalen Ausschuss im Plenum öffentlich arbeiten wollen. Es wird sicher auch Kommissionen geben, die vorbereiten – da braucht es aus meiner Sicht keine Öffentlichkeit.
Frage: Der Synodale Ausschuss beginnt knapp zwei Wochen nach dem Ende des ersten Teils der Weltsynode. Gerade deren Methodik – Stichwort runde Tische – wurde von vielen Teilnehmern gelobt und von manchen als "synodaler" als der Synodale Weg bezeichnet, weil es mehr Möglichkeit zu echtem Dialog gegeben habe. Wollen Sie sich beim Synodalen Ausschuss davon inspirieren lassen?
Stetter-Karp: Was die üppige Zeit angeht, sicher nicht, weil es schlicht nicht unser Modus ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Planung so anlegen, dass wir, überspitzt gesagt, eine Woche lang nur zuhören – und dann nochmal eine Woche. Dass wir dialogorientiert arbeiten werden, daran haben wir schon in Frankfurt keinen Zweifel gelassen. Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, dass alle Delegierte sich beteiligen konnten. Insofern sehe ich nicht, dass wir von der Weltsynode in der Arbeitsweise dringend etwas lernen müssten. Aber natürlich finden wir gut, dass es in der Synodenaula im Vatikan runde Tische gab. Die sind doch ein völlig anderes Setting als früher, als die Synodalen in einem "Vorlesungssaal" saßen.
Frage: Die Beratungen in Rom sind mit manchen für deutsche Ohren durchaus gut klingenden Vorschlägen beendet worden. Werden diese Ergebnisse Auswirkungen auf anstehende Entscheidungen im Synodalen Ausschuss haben?
Stetter-Karp: Die Weltsynode ist ein so großes Ereignis für die römisch-katholische Kirche, dass wir als Teil dieser Weltkirche selbstverständlich darauf geschaut und gehört haben. Ich sehe auf jeden Fall, dass die Idee, die bei uns verhandelten Themen seien Sonderthemen der spalterischen Deutschen, vom Tisch ist. Ich glaube, die Frage nach der Vielfalt in der katholischen Kirche und welchen Spielraum die Ortskirchen in einem gemeinsamen Korridor haben sollen, ist sichtbar geworden, weil sie eben aus allen Kontinenten mit Beispielen hinterlegt wurde.
Frage: Es bleiben ja noch die grundsätzlichen Anfragen: Die Kritik aus Rom am Synodalen Rat, der aus dem Synodalen Ausschuss hervorgehen soll, ist nicht verstummt. Ist der Synodale Ausschuss zumindest vorläufig als "Dauerzustand" denkbar?
Stetter-Karp: Für das ZdK ist das nicht vorstellbar. Unsere Vorstellung ist, dass der Synodale Ausschuss nur ein Übergangsgremium ist. Danach braucht es einen Synodalen Rat. Um den Begriff kann man sich vielleicht streiten. Es geht uns nicht dogmatisch um das Wort Synodaler Rat. Aber es geht darum, eine stetige Form zu finden, in der Bischöfe und Laien, also Amt und Volk Gottes gemeinsam, nicht nur beraten, sondern auch entscheiden. Das ist der Markenkern, den wir in der Verstetigung suchen. Ich persönlich finde, "Synodaler Rat" wäre dafür eine würdige Bezeichnung.
Frage: Wäre für diejenigen Bischöfe, die aktuell eine Teilnahme ablehnen, der Weg offen, um irgendwann doch noch aufzuspringen?
Stetter-Karp: Jederzeit. Das ist das Recht, das alle Ortbischöfe haben. Es stärkt uns auf dem Weg, der noch vor uns liegt, wenn sie alle dabei sind.