Philosoph und Theologe im Alter von 88 Jahren gestorben

Vordenker der Befreiungstheologie: Enrique Dussel gestorben

Veröffentlicht am 06.11.2023 um 11:47 Uhr – Lesedauer: 

Mexiko-Stadt ‐ Enrique Dussel gilt als einer der bedeutendsten Befreiungstheologen und begründete mit der "Philosophie der Befreiung" eine kritische Denkrichtung im Heimatland des Papstes. Nun ist er nach einem bewegten Leben in Mexiko gestorben.

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Der lateinamerikanische Befreiungstheologe und Philosoph Enrique Dussel ist tot. Dussel starb Medienberichten zufolge am Sonntag (Ortszeit) im Alter von 88 Jahren in Mexiko-Stadt. Der argentinisch-mexikanische Denker war einer der Mitbegründer der "Philosophie der Befreiung", einer vor allem in Argentinien in den 1970er-Jahren entwickelten Denkrichtung in Lateinamerika. Sie zeichnet sich durch eine Kritik der klassischen Philosophie als zu eurozentrisch aus, fordert politische Umwälzungen und legt einen besonderen Fokus auf das Leid unterdrückter und notleidender Menschen. Dussel galt zudem als einer der wichtigsten Vordenker der "Theologie der Befreiung", einer nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) entstandenen lateinamerikanischen Ausprägung innerhalb der katholischen Theologie. Charakteristisch für diese theologische Strömung ist die sogenannte "Option für die Armen".

Dussel wurde 1934 als Nachfahre deutscher Einwanderer in Argentinien geboren und studierte dort sowie in Spanien und Paris Philosophie, Theologie und Geschichte. Er führte ein bewegtes Leben: Ab 1959 lebte Dussel für zwei Jahre in Nazareth und arbeitete dort als Zimmermann. 1964 lehrte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mainz. Von 1967 bis 1975 unterrichtete er als Professor Kirchengeschichte und Ethik in seiner argentinischen Heimat. In dieser Zeit stand er in engem Austausch mit dem Jesuiten Juan Carlos Scannone, der als einer der Väter der "Theologie des Volkes", einer argentinischen Variante der Befreiungstheologie gilt. Der 2019 verstorbene Scannone unterrichtete den heutigen Papst Franziskus, damals Jorge Mario Bergoglio, als jungen Jesuiten in Altgriechisch und Literatur.

Dussel wurde 1975 von den Peronisten aus Argentinien vertrieben und ging ins Exil nach Mexiko. Dort hatte er eine Professur für lateinamerikanische Theologie- und Kirchengeschichte und philosophische Ethik inne. Dussel erhielt für sein akademisches Wirken zahlreiche Ehrendoktorwürden und war 2010 Albertus-Magnus-Professor an der Universität zu Köln. Er stand im Austausch mit namhaften Philosophen, wie Jürgen Habermas oder Richard Rorty. (rom)