ZdK kritisiert zunehmende Demokratie- und Menschenfeindlichkeit
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat sich zu zentralen gesellschaftspolitischen Themen positioniert. Auf der Vollversammlung in Berlin kritisierte die Präsidentin des Laiendachverbands, Irme Stetter-Karp, am Freitag eine zunehmende Demokratie- und Menschenfeindlichkeit. Sie schäme sich für einen "unerträglichen Antisemitismus", der sich wieder breit öffentlich Bahn breche als Israelhass und konkrete Bedrohung für Jüdinnen und Juden in Deutschland. "Ich kann es nur noch mal in aller Deutlichkeit betonen: Rechtsextremes, antisemitisches und menschenfeindliches Gedankengut kann niemals katholisch sein", sagte Stetter-Karp.
Die ZdK-Präsidentin kritisierte auch Populismus in der migrationspolitischen Debatte: "Wir erleben gerade, wie plötzlich das Thema Migration die politische Debatte beherrscht und wie aus Hetze gegen Geflüchtete erst eine Rhetorik und dann auch eine Politik der Ausgrenzung und Abschreckung entsteht, die besorgniserregend ist." Erneut plädierte sie dafür, dass AfD-Mitglieder dem ZdK nicht angehören sollten.
"Enthemmter Asylstreit"
"Zu den schrillsten Debatten in Deutschland und Europa gehört zweifellos der enthemmte Asylstreit. Die Diskurskultur ist in vielen Momenten unwürdig und verstörend", konstatierte die Präsidentin. Bund und Länder setzten mit dem jüngsten Asylkompromiss auf ein Abschreckungsprinzip und kürzten nicht nur beim Geld, sondern auch bei der Integration. Problematisch sei eine neuerliche Verschleppung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte.
Das ZdK mahnte, dass die geplante Kindergrundsicherung nicht der aktuellen Haushaltskrise zum Opfer fallen dürfe. "Das wäre ein heftiger Rückschlag im Kampf gegen die Kinderarmut", so Stetter-Karp und sprach von eine aktuellen Schieflage, bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik gegeneinander in Stellung gebracht würden. Zugleich betonte sie, aus ZdK-Sicht gebe es noch deutlichen Nachbesserungsbedarf am "bislang enttäuschenden" Gesetzesentwurf.
"Besonders den Wegfall des Kindersofortzuschlags und die fehlenden erheblichen Verbesserungen für Getrennterziehende kritisieren wir deutlich", sagte die Präsidentin. Es sei auch nicht hinnehmbar, dass Kinder ausgenommen seien, die dem Asylbewerberleistungsgesetz unterliegen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verteidigte wie am gleichen Tag bereits im Bundesrat ihr Prestigeprojekt: "Die Kindergrundsicherung ist ein Systemwechsel." Damit seien echte Leistungsverbesserungen und mehr Chancengerechtigkeit verbunden. Auch wies sie den Vorwurf einer Bürokratisierung zurück.
Mit Blick auf den Nahost-Krieg bezeichnete Stetter-Karp die Terrorangriffe der Hamas als "Zivilisationsbruch" und sagte: "Wir stehen an der Seite der Jüdinnen und Juden." Es sei dem ZdK aber auch ein Anliegen, auf die dramatische Situation im Gazastreifen hinzuweisen: "Hier wird humanitäre Hilfe mehr als dringend benötigt." Gleichzeitig mahnte sie, auch andere Konflikte und Kriege nicht aus dem Blick zu verlieren, etwa in der Ukraine, in Syrien und Afghanistan.
Sorge um Paragraf 218
Stetter-Karp äußerte überdies große Sorge angesichts der aktuellen Überlegungen zu einer Streichung von Abtreibungs-Paragraf 218 im Strafgesetzbuch. Sie plädiere für die aktuelle Regelung, "die ich für einen schwer errungenen wertvollen Kompromiss halte". Auch die katholischen Bischöfe sind dafür, Abtreibung weiter im Strafgesetz regeln. Die Evangelische Kirche in Deutschland zeigte sich für Alternativen offen.
Erstmals nahm der Berliner Erzbischof Heiner Koch in seiner neuen Funktion als "Geistlicher Assistent" des ZdK an der Vollversammlung teil. Als solcher repräsentiert er die Bischofskonferenz beim ZdK. Ein formales Stimm- oder Vetorecht hat er nicht. Das Amt war seit 2020 vakant.
Von den 230 Mitgliedern der ZdK-Vollversammlung kamen 160 in Berlin zusammen. Sie tagen noch bis Samstagmittag. Auf dem Programm stehen binnenkirchliche Themen wie die weiteren Reformbestrebungen der katholischen Kirche in Deutschland und Synodalität. (KNA)