Papst Franziskus fehlt in Dubai!
Zwischen Wolkenkratzern, Wüste und künstlichen Inseln wird seit gestern die Zukunft des Planeten verhandelt. In Dubai findet die 28. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (kurz COP28) statt, an der 70 000 Delegierte teilnehmen. Durch den krankheitsbedingten Ausfall des Papstbesuches verliert die Konferenz eine wichtige und präsente Stimme für Klimagerechtigkeit. Eine Stimme, die immer wieder betont, dass die Probleme an der Wurzel gepackt werden müssen. Denn es ist klar, dass die COP28 nur als Erfolg gewertet werden kann, wenn sich die Staaten auf einen schnellstmöglichen, verbindlichen und gerechten Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern – Kohle, Öl und Gas – einigen.
Papst-Besuch hätte Appellen von Laudate Deum mehr Ausdruck verliehen
Im Vorfeld hatte der Papst in seinem Apostolischen Schreiben Laudate Deum (LD) zu einer effizienten, verbindliche und leicht zu überwachenden Lösung für die Energiewende appelliert, um die Emissionen drastisch zu reduzieren (LD 59). Er forderte die Verhandlungsparteien auf, sich auf das Gemeinwohl statt auf die Interessen einzelner Staaten oder Unternehmen zu fokussieren (LD 60). Ein Besuch von Papst Franziskus bei der COP28 hätte diesen Appellen noch mehr Nachdruck verliehen. Nun bleibt zu hoffen, dass sie durch die Delegation des Heiligen Stuhls stark vertreten werden. Es sind Appelle, die so wichtig wie dringend sind: Denn nur wenn die Staaten das Gemeinwohl der Weltgemeinschaft kompromisslos in den Mittelpunkt stellen, kann die Konferenz zu einem wirklichen Wendepunkt werden (LD 54).
Die diesjährige Präsidentschaft und damit wichtige Möglichkeiten, den Verhandlungsverlauf zu beeinflussen, hat allerdings Sultan Ahmed al-Jaber inne, CEO des staatlichen Ölkonzerns "Abu Dhabi National Oil Company". Während der IPCC-Bericht klarstellt, dass keine weiteren fossilen Projekte beschlossen werden dürfen, legen BBC-Berichte offen, dass die Vereinigten Arabischen Emirate am Rande der Konferenz Öldeals abschließen wollten.
Papst hatte "Logik des Flickens" kritisiert
Auf dieser COP besteht die große Gefahr, dass Staaten wie Saudi-Arabien oder Russland, die sich auf fossile Exporte verlassen, anstelle des Ausstiegs aus fossilen Energien lediglich den Ausstieg aus fossilen Emissionen beschließen wollen. Die technischen Lösungen wie Kohlenstoffspeicherungen und -abscheidungen dürfen nur als absolute Notlösung für Unvermeidbares angesehen werden, den Ausstieg aus fossilen Energien aber keinesfalls behindern. Sonst sind sie ein Paradebeispiel für das, was Franziskus die "Logik des Flickens" (LD 57) nennt: Sie sollen reparieren, ohne die Ursachen der Zerstörung zu bekämpfen. Schlimmer noch: sie verstärken die globalen Ungerechtigkeiten, die zur Klimakrise geführt haben. Der Grund dafür sind die hohen Kosten, die nur von einem Bruchteil der Staaten gestemmt werden können.
Diese Ungerechtigkeiten zeigen sich auch auf den Klimakonferenzen immer wieder: Die Staaten des Globalen Nordens – darunter auch Deutschland – übernehmen viel zu wenig Verantwortung für ihre Emissionen, bestimmen aber maßgeblich den Verhandlungsverlauf. Sie stellen Ländern des Globalen Südens nicht genug Geld für nachhaltige Entwicklung, die Anpassung an Klimaveränderungen oder den lebensnotwendigen Umgang mit Klimaschäden zur Verfügung. Und wenn doch, werden die am meisten unter der Klimakrise Leidenden viel zu wenig in die Geldvergabe einbezogen. Diesem Problem konnte gestern schon mit einer Einigung über wichtige Details eines Fonds für Klimaschäden entgegengewirkt werden. Der wichtigen Operationalisierung des über viele Jahre hart erkämpften Loss and Damage Fonds müssen nun die notwendigen Taten folgen: die Sicherstellung der notwendigen Milliarden bis 2030 und eine feste Verankerung der Menschenrechte in den Richtlinien.
Um diese ungerechten Machtverhältnisse nachhaltig zu überwinden, ist es entscheidend, die Beteiligung der bereits heute am stärksten Betroffenen auf den Klimakonferenzen und darüber hinaus zu stärken. Nur so kann den verhandelnden Staaten vor Augen geführt werden, dass die Auswirkungen der Klimakrise heute schon so bitter und massiv sind, dass sie Menschen ihre Lebensgrundlagen entziehen. Um die Menschen und ihre Schicksale in den Mittelpunkt zu stellen, müssen die am stärksten Betroffenen gehört und direkt in Entscheidungen einbezogen werden.
Dafür braucht es auch eine starke und laute Zivilgesellschaft, in der sich die KLJB bereits seit 2018 für die Einbeziehung der am stärksten Betroffenen auf den Klimakonferenzen einsetzt. Als Jugendverband ist die KLJB außerdem davon überzeugt, dass auch junge Menschen als relevante Gesprächs- und Entscheidungspartner*innen in klimapolitische Prozesse einbezogen werden müssen. Wir sind diejenigen, die am längsten mit den Folgen der Klimakrise leben müssen und auch in Deutschland unter Dürren, Starkregen und Ernteausfällen leiden werden.
Kirche kann verhärtete Fronten aufweichen
Aus der tiefen Überzeugung von Gerechtigkeit hat die katholische Kirche die Pflicht, ihre Stimme für diejenigen zu erheben, die sonst nicht gehört werden. Sie kann es schaffen, die am stärksten betroffenen Menschen und Entscheidungsträger*innen über nationalstaatliche Grenzen hinweg an einen Tisch zu bringen und verhärtete Fronten aufzuweichen. Als moralische Instanz hat sie die Möglichkeit und Pflicht, darauf zu drängen, die sozialen Dimensionen der Klimakrise zu einem Kernthema der Transformation zu machen. Diese Stimme braucht es, um den Mächtigen zu zeigen, dass die Klimakrise ein Problem sozialen Ursprungs ist. Ein Problem, für das die Länder des Globalen Nordens durch die Verbrennung fossiler Energien die Hauptverantwortung tragen.
Um diese Botschaft von Klimagerechtigkeit glaubwürdig bei der Staatengemeinschaft zu vertreten, braucht es jedoch ein klares Bekenntnis der Kirche, selbst klimaneutral zu werden und dieses Bekenntnis umzusetzen. Die Kirche muss Geldanlagen in fossile Energien beenden und auch in eigene Prozesse diejenigen einbeziehen, die an den Rand gedrängt werden.
Auch wenn der Papst selbst doch nicht an der Konferenz teilnehmen wird, müssen die Verhandlungsparteien beweisen, dass sie in der Lage sind, über ihre eigenen nationalen Interessen hinauszuwachsen, ihre Perspektive zu weiten und sich für etwas Größeres einzusetzen: einen gesunden Planeten, auf dem Menschen gerne und lebenswert Zukunft gestalten.