Kardinal Woelki: Kirche in Deutschland ist mehr denn je polarisiert
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sieht die Situation der katholischen Kirche in Deutschland äußerst kritisch. "Ich habe den Eindruck: Unsere Kirche in Deutschland ist mehr denn je polarisiert", sagte der Erzbischof in einem auf der Homepage des Erzbistums Köln veröffentlichten Vortrag zum Reformdialog Synodaler Weg. "Spannungen gab es auch vorher schon, das wissen wir alle. Aber nun treten diese so stark hervor, dass ich mir zunehmend Sorgen mache." Gleichwohl ließen sich einige Impulse des Synodalen Wegs umsetzen. Die Rede hielt Woelki bereits Mitte November vor der Laienvertretung des Erzbistums, dem Diözesanrat.
Ausgelöst durch den Missbrauchs-Skandal riefen die Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) 2019 den Reformdialog Synodaler Weg ins Leben. Bei den im Frühjahr 2023 beendeten Beratungen der Synodalversammlung ging es um die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.
"Wollte kein reiner Nein-Sager sein"
Woelki sieht durch den Synodalen Weg vor allem die Einheit der Weltkirche bedroht. Deshalb habe er in Fragen, bei denen er diese Einheit gefährdet gesehen habe, dagegen gestimmt. "Ich wollte aber auch kein reiner Nein-Sager sein – auch wenn ich manches Mal mit Nein gestimmt habe."
Die "heißen Eisen", darunter die Aufhebung der Ehelosigkeit von Priestern, die Priesterweihe von Frauen und die Neubewertung der Homosexualität, seien durch den Papst zu entscheiden. Daher sei er dankbar dafür, dass deutsche Bischöfe diese Probleme und Fragen während der Weltsynode im Oktober in Rom vorgebracht hätten. "Sollte das Päpstliche Lehramt – entgegen meiner theologischen Einschätzung – in diesen Fragen zu einer anderen Beurteilung dessen kommen, was uns die Offenbarung Gottes, die uns zur Gemeinschaft mit Gott und zur vollkommenen Freude führen will, und die Überlieferung in der Kirche bezeugen, werde ich dem bereitwillig folgen."
Nach Einschätzung des Kardinals waren die Beratungen auf dem Synodalen Weg "leider nicht immer sehr synodal". Die Zeit habe für wirkliches Verstehen, Zuhören und Auseinandersetzen mit den Argumenten nicht ausgereicht.
Woelki bekräftigte auch sein Nein zum Synodalen Ausschuss. Das Gremium aus Laien und Bischöfen soll die Reformdebatte verstetigen und einen Synodalen Rat vorbereiten, der in Rom auf Ablehnung stößt. "Ich kann mich nicht gegen die Weisungen des Papstes beziehungsweise die seiner engsten Mitarbeiter stellen", so Woelki. "Ein solcher Weg mündet für mich in einer Sackgasse."
Dennoch sehe er Impulse des Synodalen Weges, die für das Erzbistum Köln sehr gut umsetzbar seien – etwa mit Blick auf Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt und Reformen bei der Priesterausbildung. So habe Köln als erstes Bistum in Deutschland eine psychologische Potenzialanalyse von jedem Kandidaten flächendeckend eingeführt. (KNA)