Standpunkt

Einsatz nah am "heißen Kern" des Christentums

Veröffentlicht am 08.12.2023 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Macht der einst großen Kirchen mag zusammenbrechen, so Thomas Seiterich. Und doch sieht er bei allen Abbrüchen auch hoffnungsvolle Signale wie etwa den Einsatz Tausender Christen für Flüchtlinge. Das sei Arbeit nah am Kern des Christentums.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

"Fürchtet euch nicht, der Widerstand wächst" – so oder ähnlich hat die wenig angepasste, evangelische Theologin Dorothee Sölle (1929-2003) vor vielen Jahren gedichtet. Fürchtet euch nicht – und das in einem Jahr voller bitteren Erkenntnisse, in dem laut der erstmals evangelisch-katholischen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) die gesellschaftliche Macht der verfassten, früher einmal großen Kirchen zusammenbricht, wie es die scharf beschreibende "Neue Zürcher Zeitung" formuliert.

Die Zahlen mögen niederschmetternd sein. Doch neben all den schmerzhaften Vertrauensabbrüchen, Austritten und Einflussverlusten gibt es nicht angefressene Handlungsfelder. Auf ihnen arbeiten Christinnen und Christen von der Öffentlichkeit wenig bemerkt, mit Leidenschaft. Mehr als 8.000 Menschen leisten etwa Telefonseelsorge in Deutschland. Sie sind gut ausgebildete Laien, ein großer Teil unter ihnen sind Christinnen und Christen.

Mit ihrer Hörbereitschaft für Zeitgenossen in Trauer und Not, Einsamkeit und Todesnähe arbeiten sie fern von den nötigen, öffentlichen Reformdebatten, jedoch nah am "heißen Kern" des Christentums. Ähnlich verhält es sich mit der Notfallseelsorge, in den Hospizen, in der Arbeit mit Flüchtlingen, in Tafeln – in all diesen Diensten sind sogenannte Laiinnen und Laien so wie mancherorts auch Ordensleute aktiv präsent.

Und was hierzulande gilt, ereignet sich ebenso in der Welt: Im gefährlichen Waldgebiet zwischen Kolumbien und Panama, in Mexiko, in Los Angeles und in vielen Orten in Mauretanien, ja rund um das Mittelmeer helfen Christinnen und Christen in Not geratenen Flüchtlingen. Es ist ein Tun in aller Stille. Doch es ist Widerstand im Zeichen der Nächstenliebe gegen die Kälte, Ungerechtigkeit und Brutalität der Welt.

"Fürchte euch nicht, der Widerstand wächst" – nicht dass er groß und größer würde. Doch er lebt. Er ist vorhanden. Und er entsteht immer neu – wie fast alles kirchlich Gute – von "unten".

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.