Kein Kurswechsel: Was die Ernennung der neuen Erzbischöfe bedeutet
Nach gut 14 Monaten hat das Erzbistum Paderborn einen neuen Erzbischof. Endlich, sagen viele – nicht nur in Westfalen. Bamberg wartete fast genauso lange. Das ist länger als die durchschnittliche Vakanz eines deutschen Bischofsstuhls bisher. Aber auch ein Indiz dafür, dass es für den Job eines katholischen Bischofs nicht mehr so viele Kandidaten gibt.
Nun also der bisherige Mainzer Weihbischof Bentz als Nachfolger für Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker und Bambergs Weihbischof Gössl als Nachfolger für Ludwig Schick. Bentz und Gössl sind beide 56 Jahre alt, werden die Kirche in Deutschland wohl noch 20 Jahre lang mitprägen können. Kirchenpolitisch sind die Ernennungen nicht eindeutig zuzuordnen. Für einen gezielte Kurskorrektur, die der Papst dem vermeintlich störrischen deutschen Episkopat verpassen wollte, geben die Personalien keinen Anhaltspunkt.
Beim Synodalen Weg dazugelernt
In Bamberg stehen die Zeichen auf Kontinuität. Zwar war Gössl beim katholischen Reformprojekt Synodaler Weg das ein oder andere Mal auf der Seite der Minderheit zu finden. Seine konservative Grundhaltung hatte er durchaus offen bekannt, ebenso seine skeptische Haltung zu manchen Forderungen des Synodalen Wegs. Als Vertreter in der Synodalversammlung habe er aber auch eine Entwicklung durchgemacht, sagte Gössl.
Von Bentz heißt es aus seinem Umfeld, er sei zwar grundsätzlich traditionell geprägt, habe aber auch durch die Gespräche beim Synodalen Weg dazugelernt. Auf eine Frage am Samstag, ob er als Paderborner Erzbischof beim Gremium des Synodalen Ausschusses mitmachen werde, sagte Bentz: Das wolle er mit der übrigen Bistumsleitung beraten und klären. Schließlich vertrete er dort das ganze Erzbistum.
Synodalität müsse auf verschiedene Weise gelebt werden, sagte Bentz am Samstag. Andererseits brauche es in der Unterschiedlichkeit der Kirche gemeinsame Wege. Maßstab sei es, den christlichen Glauben im jeweiligen Umfeld überzeugend zu leben. Was Bentz mit Papst-Franziskus verbindet, ist seine Wertschätzung für Ignatius von Loyola. Der Gründer des Jesuitenordens sei seine geistliche Heimat, so Bentz im Paderborner Dom. Eine Leitfrage der Kirche heute: "Was muss ich lassen, um mehr und besser dem Evangelium zu dienen?"
Als Leiter von Erzbistümern bekleiden Bentz und Gössl künftig höherrangige Posten in der Deutschen Bischofskonferenz. Zwar können sie den Bischöfen ihrer jeweiligen Kirchenprovinzen nichts unmittelbar vorschreiben. Aber ein Mann mit natürlicher Autorität hat als Erzbischof noch einmal mehr Einfluss – angesichts bestehender Verwerfungen im deutschen Episkopat eine zusätzliche Herausforderung.
Inwieweit die Neuen im eigenen Bistum überzeugen können, hängt von vielen Faktoren ab. Gössl ist in Bamberg bekannt und das Domkapitel hatte seine Gründe, ihn nach dem Rücktritt von Schick zum Übergangsverwalter zu wählen. Bentz, der als erster auswärtiger Bischof seit gut 132 Jahren nach Paderborn kommt, räumt ein, dies sei auch eine Frage von Mentalitäten. Als Pfälzer sei er aber zuversichtlich für den künftigen Weg mit den Westfalen in Paderborn.
Zwei Bischofsstühle weiterhin vakant
Allerdings: Vergnügungssteuerpflichtig ist der Job eines Bischofs schon lange nicht mehr. Mitgliederschwund, Missbrauchsskandal, sinkende Finanzen und Mitarbeiterzahlen, weniger gesellschaftlicher Einfluss – all das schmälert den Reiz einer solchen Stellenausschreibung. Gleichwohl erhoffen sich nicht wenige auch außerhalb der Kirche, dass ihre Vertreter sich in einer verunsicherten und zerstrittenen Gesellschaft glaubwürdig öffentlich engagieren.
Im eigenen Laden "durchregieren" kann ein katholischer Bischof längst nicht mehr. Selbstbewusste und in vielen Sachfragen kundigere Laien fordern Mitsprache ein und praktizieren sie. Da sind Zuhören und Dialog ein Muss. Angesichts der innerkirchlichen wie gesellschaftlichen Lage verlangen manche eine Kernsanierung der Kirche. Andere wollen das traditionelle Profil erhalten – auch um nicht im Mainstream unterzugehen. Bei aller Dialogfähigkeit werden von einem Bischof zusätzlich Führungsstärke und prophetische Impulse erwartet. Dass es daran in der Vergangenheit oft mangelte, belegen Studien zum Umgang mit Missbrauch.
Zwei der bisher offenen Bischofsstühle in Deutschland sind nun wieder besetzt. Derjenige in Rottenburg-Stuttgart ist seit dem Rücktritt von Gebhardt Fürst am vergangenen Montag quasi noch warm; in Schwaben wird man noch länger auf einen Nachfolger warten. Aber auch das Bistum Osnabrück, so ist zu hören, wird sich mindestens bis Ostern gedulden müssen.