Sterbende besser versorgen
Ziel Gröhes ist ein flächendeckendes Hospiz- und Palliativangebot in ganz Deutschland. Mängel gibt es derzeit besonders im ländlichen Raum und in Altenpflegeeinrichtungen. So soll die ambulante Palliativversorgung weiterentwickelt und die stationäre Hospizarbeit finanziell stärker gefördert werden. Auch die Krankenhäuser sollen für Hospizarbeit und Palliativversorgung spezielle Vergütungen mit den Kassen aushandeln können.
Konkret sollen die Kassen künftig bei Hospizen für Erwachsene 95 Prozent anstatt der bisherigen 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten tragen. Ambulant tätige Palliativmediziner sollen mehr Honorar bekommen. Auch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung, die Sterbenden zu Hause in schwersten Versorgungssituationen beisteht, soll ausgebaut werden.
In Alten- und Pflegeheimen sind ebenfalls Verbesserungen geplant: Bewohner sollen ein entsprechendes Angebot für die letzte Lebensphase bekommen. Dazu sollen die Heime mit Ärzten und Hospizdiensten kooperieren und Pflegekräfte für die Sterbebegleitung geschult werden. Bislang stehen in Deutschland 400 Millionen Euro pro Jahr für Palliativmedizin und Hospizarbeit zur Verfügung. Die Koalition geht davon aus, dass mit 150 bis 200 Millionen Euro Mehrkosten zu rechnen ist.
Kirchliche Wohlfahrtsverbände halten veranschlagte Summe für zu gering
Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie halten diese Summe für zu gering. Allein um ein ausreichendes Hospiz- und Palliativangebot in rund der Hälfte der Pflegeheime ausbauen zu können, würden mindestens 275 Millionen Euro an Kosten entstehen. "Die vom Bundesgesundheitsministerium veranschlagte und im Gesetzentwurf genannte Summe liegt hier deutlich unter unseren Berechnungen. Dies wird dem Anspruch des Gesetzentwurfs bei weitem nicht gerecht", kritisieren die beiden Präsidenten Peter Neher und Ulrich Lilie einen Tag vor der Verabschiedung.
Das Ziel einer guten Betreuung und Begleitung am Lebensende müsse es sein, nicht nur die körperlichen Schmerzen zu lindern, sondern die Menschen mit ihrer Angst und Trauer und mit ihrer Einsamkeit nicht alleine zu lassen, erklärte Neher. Lilie betonte, ein flächendeckendes Angebot der Palliativ- und Hospizversorgung ermögliche es, alle Menschen an den Orten, an denen sie ihre letzte Lebensphase verbringen, auch im Sterben gut zu versorgen und zu begleiten.
Ethik am Lebensende
Aktive Sterbehilfe, Beihilfe zum Suizid, Patientenverfügung und Palliativmedizin: Was bedeuten diese Begriffe, die in der politischen Debatte auftauchen? Und was sagt die Kirche?Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sprach von einem "großen Schritt in die richtige Richtung". Präsident Alois Glück forderte insbesondere einen Ausbau der ambulanten Dienste, da die meisten Menschen in ihrem vertrauten Umfeld sterben wollten. Auch die Integration von Palliativ-Teams in die Pflegeeinrichtungen sei dringlich, sagte Glück.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz beklagte eine Ungleichbehandlung von Sterbenden in Hospizen und Pflegeheimen: Der Kabinettsbeschluss erreiche die Sterbenden in den 13.000 Pflegeheimen nicht, erklärte Vorstand Eugen Brysch. "Die Sozialkassen übernehmen in Hospizen 255 Euro am Tag, in Pflegeheimen maximal 54 Euro. Deshalb muss der Bundestag das Zwei-Klassen-System abschaffen."
DGP-Präsident fordert bessere Versorgung in Krankenhäusern
Eine bessere palliativmedizinische Versorgung in den Krankenhäusern forderte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), Lukas Radbruch. Nur rund 15 Prozent der bundesweit rund 2.000 Krankenhäuser verfügten über Palliativstationen. Von den übrigen Krankenhäusern hätten nur wenige einen multiprofessionellen Palliativdienst, wie er für jedes Krankenhaus mit mehr als 250 Betten vorgehalten werden sollte, so Radbruch.
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) lobte den Gesetzentwurf als wichtigen Schritt. Die Versorgung Sterbender in den Pflegeheimen sei viel zu gering finanziert. Auch der Sozialverband Vdk erklärte, für die Situation in stationären Pflegeeinrichtungen greife der Gesetzentwurf zu kurz. (bod/KNA)
29.04.2015: ergänzt um das Statement von ZdK-Präsident Alois Glück