Kirche sollte Vorreiterin für familienfreundliche Gesellschaft sein
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"Was sich Maria und Josef gewünscht hätten", steht auf der Papiertüte eines beliebten Drogeriemarkts, darunter abgebildet eine Windel der Eigenmarke. Es steht zu erwarten, dass in den kommenden Tagen wieder große Worte über die Familie verloren werden. Wie wichtig sie sei, welche Werte dort gelebt würden, und so weiter. Was sich viele Eltern wünschen: eine wirklich familienfreundliche Gesellschaft. Wie schön wäre es, wenn die Kirche hier eine Vorreiterrolle einnehmen würde?
Um bei der Windel zu bleiben: Großartig wäre es, wenn neben der Kirche im Gemeindehaus eine warme und saubere Wickelgelegenheit wäre. Das Gebäude sollte während des Gottesdienstes offen sein und so ausgeschildert, dass man den Weg auch als Fremder findet, sodass man dort zum Beispiel auch ungestört stillen könnte. Vielleicht könnte es, gerade in Städten, sogar als diakonisches Angebot auch darüber hinaus geöffnet bleiben, um Familien unterwegs einen Rückzugsort zu bieten.
Viele Veranstaltungen können Eltern von kleinen Kindern nicht mehr besuchen, zumindest, wenn sie keine Verwandten in der Nähe haben, die babysitten können. Das ist aber für viele heute die Realität, weil sie etwa wegen ihrer Arbeit in eine andere Stadt gezogen sind. Die Rettung wäre das Angebot von Kinderbetreuung – wieder einmal Zeit für sich als Paar haben, einen inspirierenden Vortrag hören oder vielleicht sogar ein Konzert. Und gerade so den Ausgleich bekommen und Kraft tanken, um entspannt und motiviert Mama oder Papa sein zu können.
Als Gemeinde könnte man sich Fragen stellen wie: Sind ausreichend Parkplätze in der Nähe vorhanden? Kommt man mit einem Kinderwagen in die Gebäude? Gibt es familienfreundliche Gottesdienstzeiten? Wie wird auf Kinder reagiert, wenn sie sich im Gottesdienst zu Wort melden oder ihr Spielzeug runterwerfen? Gott sei Dank fallen mir einige Best-Practice-Beispiele ein, ehrlicherweise etwas häufiger in evangelischen oder freikirchlichen Gemeinden. An vielen Orten ist aber noch Luft nach oben.
Wer an den Weihnachtstagen Predigtdienst hat und vorhat, das Lob der Familie anzustimmen, könnte doch zusätzlich einmal kritisch die Situation der Gemeinde in dieser Hinsicht evaluieren. Man könnte junge Familien fragen, was sie brauchen, um sich wohlzufühlen. Vielleicht muss in ohnehin knappen Zeiten hier Geld in die Hand genommen werden. Aber es geht auch um nichts Geringeres als die Zukunft von Kirche und Gesellschaft.
Die Autorin
Theresia Kamp hat Theologie und Romanistik studiert. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und schreibt regelmäßig für verschiedene christliche Medien.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.