Reisen, Krankheiten und kleine Revolutionen: So war 2023 für den Papst
Papst Franziskus hadert – mit Worten, der Weltlage und manchmal mit sich selbst. Seinen Willen, noch möglichst viel anzustoßen in der ihm verbleibenden Zeit auf dem Stuhl Petri, merkt man ihm an. Doch 87-jährig fordert auch der Körper eines durchsetzungsstarken Papstes seinen Tribut. Die Misere rund um sein lädiertes Knie und Darmprobleme setzt sich fort, immer wieder erwischt ihn eine Infektion. Zuletzt machte ihn eine Entzündung in der Lunge nahezu sprachlos. Die geplante Reise zur Weltklimakonferenz in Dubai musste er absagen, Vatikan-Geistliche seine Ansprachen vortragen lassen.
Befasst mit einer komplexen und strauchelnden Welt(-kirche) kam aber auch der sprechfähige Franziskus in diesem Jahr häufiger durcheinander – abgesehen von seinen gewohnt spontanen wie launigen Äußerungen. Besonders heikel ist das bei politischen Äußerungen zu Kriegen in der Ukraine und in Nahost. Sein "Apparat" versucht sich anschließend im bestmöglichen Geradebiegen.
36.000 Kilometer bei Reisen zurückgelegt
Es ist kein Geheimnis, dass Franziskus' engster Berater er selbst ist. Und der rät zur Arbeit mit Eile, wann immer möglich. Im Jahr 2023 hielt Franziskus im Schnitt etwa 20 Reden im Monat – hinzu kamen Generalaudienzen und Mittagsgebete, Botschaften zu Welttagen und Gebetsanliegen, Gesetzesänderungen und weitere offizielle Schreiben. Auf fünf Reisen legte er über 36.000 Kilometer zurück, besuchte den Kongo und den Südsudan, Ungarn, die Mongolei sowie Lissabon und Marseille. Er traf Staatsoberhäupter, Kardinäle und Bischöfe sowie unzählige Gläubige.
Zugleich schiffte er sich innerkirchlich durch heftige Konflikte: sei es mit deutschen Reform-Katholiken oder störrischen US-Bischöfen. Für letztere wird die Luft dünner. Gleich zwei Kritiker strafte Franziskus ab: Dem texanischen Bischof Joseph Strickland entzog Rom die Bistumsleitung, Kardinal Raymond Burke will er Privilegien streichen. In den letzten Wochen des Jahres sorgte der Vatikan unter seiner Führung mit der harten Verurteilung von Kardinal Angelo Becciu wegen Betrugs und Unterschlagung sowie mit der offiziellen Öffnung von Segnungen für homosexuelle Paare weltweit für Aufsehen.
Ärger gab es hingegen in der Kinderschutzkommission und im Fall des ehemaligen Jesuiten Marko Rupnik, dem von Ordensfrauen vorgeworfen wird, er habe sie sexuell missbraucht. Die Rolle des Papstes bei der Aufklärung und der Begnadigung wirft Fragen auf. Außerkirchlich waren es vor allem Kriege, die Franziskus immer wieder zum Frieden aufrufen ließen – und eine mäßig erfolgreiche Sondermission von Kardinal Matteo Zuppi im Ukraine-Krieg auslösten.
Nach dem Tod von Vorgänger-Papst Benedikt XVI. schien Franziskus Anfang 2023 zunächst regelrecht aufzublühen. Das ehemalige deutsche Kirchenoberhaupt starb an Silvester 95-jährig. Nach seiner Aufbahrung und Beisetzung im Petersdom blieb von ihm vor allem eines: das Medien-Interesse an Privatsekretär Georg Gänswein.
Der stolperte zunächst über die Veröffentlichung seines Erinnerungs-Buchs "Nichts als die Wahrheit" noch vor dem Begräbnis seines Chefs. Es sollten nicht der letzte Wirbel um "Don Giorgio" sein. Bis zu seiner endgültigen Entlassung als Präfekt des Päpstlichen Hauses Mitte Juni sorgten immer wieder Spekulationen um seine berufliche Zukunft für Schlagzeilen. Sie flauten nach der Rückkehr des Deutschen ins Heimatbistum Freiburg ab.
Als Franziskus die Entscheidung bekanntgab, lag er selbst im Krankenbett. Anfang Juni musste der damals 86-Jährige erneut am Darm operiert werden. Zehn Tage verbrachte Franziskus in der päpstlichen Krankenwohnung in der römischen Gemelli-Klinik. Dabei überraschte der Vatikan mit regelmäßigen Updates zum Gesundheitszustand.
Es war nicht der erste Krankenhausbesuch in diesem Jahr und sollte nicht der letzte bleiben. Doch nach der OP war Franziskus zunächst weitestgehend fit und schmerzfrei für sein volles Spätsommer- und Herbstprogramm. Der Weltjugendtag in Lissabon Anfang August wurde trotz – oder gerade wegen – der sehr prägnant und einfach gehaltenen Ansprachen ein beachtlicher Erfolg mit mehr als einer Million Teilnehmenden.
Päpstliches Lieblingsprojekt: Synode geht 2024 in nächste Runde
Das wichtigste Großereignis des Jahres war aber die mit Spannung erwartete Weltsynode im Oktober, der die Ernennung neuer Kardinäle vorausging. Unter ihnen war auch der neue Chefdogmatiker, der argentinische Kardinal Victor Fernandez.
Ein anderes, besseres Miteinander in der katholischen Kirche mit einer breiten Beteiligung des gesamten "Volkes Gottes" – darum ging es bei der Synode. Es ist eines der Lieblingsprojekte des Papstes. Doch der Weg dahin ist noch weit. 2024 folgt die nächste Runde – für die Synode und für Franziskus.