Lage am Kölner Dom: Verlorene Touristen und Könige in Polizeikontrolle
Zwischen Absperrgittern und Polizeibeamten vor dem Eingang zum Kölner Dom tummeln sich am Donnerstag Kinder mit Kronen auf dem Kopf. Sie tragen bunte orientalische Gewänder und haben Sterne aus Holz dabei. Ein Junge hebt die Arme in seinem langen braunen Mantel und wird mit dem Metalldetektor abgescannt. Ein kleiner König in der Polizeikontrolle – kein alltäglicher Anblick. Wegen Terrorhinweisen kontrolliert die Polizei aktuell jeden, der in einen Gottesdienst möchte. Zu anderen Zeiten ist der Dom ganz geschlossen.
Die Kinder kommen aus dem ganzen Erzbistum Köln. In einem Gottesdienst werden sie von Kardinal Rainer Maria Woelki offiziell ausgeschickt, um als Sternsinger Spenden für Bedürftige zu sammeln. An der Sicherheitsschleuse wartet eine Gruppe aus Wuppertal. Deren Betreuerin hat gemischte Gefühle: "Uns wurde zwar gesagt, dass wir kontrolliert werden, aber ich hatte mir das nicht so vorgestellt." Für die Kinder kam die Schutzmaßnahme am Eingang vor der Kathedrale überraschend und war "irgendwie komisch". Trotzdem sei ihre Gruppe nach Köln gekommen, wie jedes Jahr. Von Terrorwarnungen wolle man sich nicht einschüchtern lassen.
Die Sicherheitsschleuse steht, von der Polizei mit einem Großaufgebot errichtet, vor dem Eingang an der Kölner Domplatte. Jeder Kirchgänger wird gezählt, durchsucht und mit einem Metalldetektor abgescannt. Touristen müssen draußen bleiben, Besuche im Dom sind nur im Rahmen von Gottesdiensten und zur Beichte erlaubt. Nach Angaben der Kölner Polizei zeigen die Gäste Verständnis für die Maßnahmen, Zwischenfälle mit wütenden Touristen seien ausgeblieben. Die Maßnahmen sollen noch bis Neujahr gelten.
Trotzdem: Trauer um den gewohnten Alltag am geliebten Dom bleibe, wie eine Mitarbeiterin der Kölner Domschatzkammer kommentiert. "Das ist für uns alle eine komische Situation. Wir sind hier alle traurig. Gestern hat eine Frau angefangen zu weinen." Die Mitarbeiterin bewacht eine provisorische Weihnachtsmarktbude neben dem Petersportal, an der Gäste kleine Kerzchen anzünden können. Ein bisschen Normalität. Der Kölner Dompropst Guido Assmann lud die Menschen dazu ein, mit einem Licht ein Zeichen des Friedens zu setzen. "Möge dieses Friedenszeichen wachsen und sich ausbreiten und als Zeichen der Versöhnung in die ganze Welt hineinstrahlen."
In der Messe nicht zu 100 Prozent wohlfühlen
Ein solches Zeichen setzen, das möchte auch die australische Deutschlehrerin Kyley aus Melbourne, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie zündet eine Kerze in der Bude an, in der bis vor wenigen Tagen noch Fruchtgummis verkauft worden waren. In einen Gottesdienst habe sie sich aber nicht gewagt: "Man ist am Dom sicher, mit all der Polizei. Aber in einer Messe fühle ich mich doch nicht zu 100 Prozent wohl." Man wisse am Ende eben doch nie, was passieren könne. Bei ihrer aktuellen Deutschlandreise wollte sie auf einen Besuch am Dom trotzdem nicht verzichten. Zuhause erzählt sie davon nichts, um Familie und Freunde nicht zu beunruhigen: "Die haben mich vor meiner Reise schon gewarnt, dass es hier Terrorwarnungen in Europa gibt."
Trotz Warnungen und Kontrollen sei die Zahl der Gottesdienstbesucher an den Weihnachtstagen nicht geringer gewesen als im letzten Jahr, eher höher, schätzt ein Sprecher des Doms. Im Jahresschnitt besuchten rund 20.000 Menschen täglich den Dom. Zwischen Weihnachten und Silvester kämen sonst rund 100.000 Besucher. "Wir sind froh und dankbar, dass alle so geduldig und gelassen bleiben und freuen uns über jeden, der auch in diesen Tag die Liturgien im Dom besucht", so der Domsprecher.
Die Polizei hatte seit Samstagabend die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Dom massiv verstärkt. In der Nacht zu Sonntag durchsuchten Einsatzkräfte die Kathedrale, fanden aber keinen Sprengstoff. In die Ermittlungen einbezogen wurde der Staatsschutz, der auf politisch motivierte Kriminalität spezialisiert ist. Die Polizei nahm in diesem Zusammenhang an Heiligabend in Wesel einen 30-jährigen Mann in Gewahrsam. Wie die Polizei am Mittwochabend mitteilte, lägen zu ihm staatsschutzrelevante Erkenntnisse vor. Ein Gericht ordnete Polizeigewahrsam zur Gefahrenabwehr bis zum 7. Januar an.