Luisa Maurer über das Sonntagsevangelium

Diese Botschaft duldet keinen Aufschub

Veröffentlicht am 20.01.2024 um 11:30 Uhr – Lesedauer: 
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Trier ‐ Im Sonntagsevangelium fühlt Luisa Maurer sich von Jesus ertappt. Das bringt sie zur Überlegung: Bin ich bereit, alles stehen und liegen zu lassen für jemanden, der mir wichtig erscheint? Für sie ist das eine praktische Frage der Nachfolge Jesu heute.

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"Nein Gode, jetzt!" Mein Patenkind schaut mich mit großen Augen an. Sie will mit mir spielen, und zwar sofort. Moment, ich beantworte mal noch schnell einen Anruf, ich räume noch meinen Teller in die Küche, Mama und ich bereden zuerst noch etwas... – all das zählt für sie nicht. "Nein Gode, jetzt!" fordert sich die Dreijährige in diesen Situationen von mir ein. Jetzt und sofort.

Im heutigen Evangelium ermutigt Jesus einige Fischer, alles stehen und liegen zu lassen. "Kommt her, mir nach!" sagt er ihnen. Die Reaktion der Fischer: "Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach." Ein ziemlich großer Schritt. Diese Männer verlassen ihre Arbeit, ihre Familien und ihr zu Hause. Dieser Jesus überzeugt sie, für ihn, alles stehen und liegen zu lassen. "Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach." Scheinbar ohne zu zögern, gehen sie mit ihm. Die zurückgelassenen Familien dürften wohl ziemlich verärgert gewesen sein. Ziemlich unvernünftig und doch beeindruckend, finde ich.

Manchmal bin ich zu sehr in meinem Treiben eingespannt, um auf mein Patenkind einzugehen. Ich überhöre ihre Bitte, ihre Dringlichkeit. Ich nehme den dringenden Anruf doch noch zuerst an, räume den Tisch zuerst ab und bespreche mich mit ihrer Mutter. Danach können wir ja immer noch spielen, denke ich mir.

Ich fühle mich von Jesus ertappt. Er "verkündete das Evangelium Gottes". Der Evangelist Markus fasst unter dem Wort Evangelium die Botschaft Jesu zusammen. Jesus selbst ist dieses Evangelium. Gott ist Mensch geworden und will mir als Mensch begegnen. So zeigt Gott seine Liebe für die Menschen, in meinem Gegenüber.

Klar, der Ruf meines Patenkindes ist etwas anderes als der Ruf Jesu zur Nachfolge. Aber die Frage ist in beiden Fällen eine ähnliche, wenn auch mit unterschiedlichen Auswirkungen: Bin ich bereit, alles stehen und liegen zu lassen für etwas oder jemanden, der mir wichtig erscheint? Und sogar dann, wenn ich damit andere enttäusche oder verärgere. Diese Frage ist dann nicht nur ein Gedankenexperiment, sondern eine ganz praktische Frage von Nachfolge Jesu heute.

Vielleicht begegnet mir Gott manchmal in meinem drängelnden Patenkind, das mir Gottes Liebe zeigt – und zwar sofort. Von dieser Botschaft, von dieser Liebe möchte ich mich gerne öfter unterbrechen lassen. Und sie "sogleich" weitergeben. Für sie lasse ich alles stehen und liegen: mein Handy, das dreckige Geschirr und wichtige Absprachen.

Ein Mensch möchte mir seine Aufmerksamkeit und Liebe schenken. Vielleicht steckt sogar Gott dahinter. Diese Message duldet keinen Aufschub!

Evangelium nach Matthäus (Mk 1,14-20)

Nachdem Johannes der Täufer ausgeliefert worden war,
ging Jesus nach Galiläa;
er verkündete das Evangelium Gottes
und sprach: Die Zeit ist erfüllt,
das Reich Gottes ist nahe.
Kehrt um und glaubt an das Evangelium!

Als Jesus am See von Galiläa entlangging,
sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon,
die auf dem See ihre Netze auswarfen;
sie waren nämlich Fischer.

Da sagte er zu ihnen:
Kommt her, mir nach!
Ich werde euch zu Menschenfischern machen.
Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach.

Als er ein Stück weiterging,
sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus,
und seinen Bruder Johannes;
sie waren im Boot und richteten ihre Netze her.
Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus
mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück
und folgten Jesus nach.

Die Autorin

Luisa Maurer arbeitet als Pastoralreferentin im Bistum Trier und ist Rundfunkbeauftragte des Bistums für den Saarländischen Rundfunk und das Deutschlandradio.

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