Bistum Gent legt Widerspruch gegen Datenschutzaufsicht ein

Gericht muss Streit um Taufbuch-Löschung nach Kirchenaustritt klären

Veröffentlicht am 23.01.2024 um 10:16 Uhr – Lesedauer: 

Gent ‐ Aus Taufbüchern wird nichts gelöscht – daran ändert auch ein Kirchenaustritt nichts. In Belgien hat ein Ausgetretener aber von der Datenschutzaufsicht Recht bekommen: Die Kirche soll doch alle Daten löschen. Dagegen wehrt sich nun das Bistum Gent.

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Der Streit um die Löschung von Taufbucheinträgen nach Kirchenaustritt geht in Belgien vor Gericht. Das Bistum Gent habe fristgemäß Rechtsmittel gegen die Entscheidung der belgischen Datenschutzaufsichtsbehörde vom Dezember eingelegt, teilte ein Bistumssprecher auf Anfrage am Montag mit. Über den Einspruch muss nun der Brüsseler Märktegerichtshof entscheiden, das für Widersprüche gegen Entscheidungen von Aufsichtsbehörden zuständige Berufungsgericht. Die Datenschutzaufsicht hatte einem Mann Recht gegeben, der gegenüber dem Bistum seinen Kirchenaustritt erklärt hatte und verlangte, seine Daten komplett aus dem Taufregister zu streichen. "Wir waren von der Entscheidung sehr überrascht, da die Datenschutzaufsicht in Irland vor einigen Monaten in einer Beschwerde gegen die Erzdiözese Dublin zu einer gegenteiligen Entscheidung gekommen war", so der Bistumssprecher. Man gehe daher davon aus, dass die Chancen vor Gericht gut stünden.

Bisher ergänzt die Kirche in Belgien Taufbucheinträge von Ausgetretenen lediglich um einen Vermerk über den Austritt. Dieses Vorgehen ist nach Angaben des Bistums in den 1990er Jahren mit der säkularen humanistischen Vereinigung ("Humanistisch Verbond") vereinbart worden. Dieses Vorgehen soll auch weiter angewandt werden. "Unsere Mitarbeiter und Ehrenamtlichen in den Diözesen und Pfarreien behandeln alle Anträge mit Sorgfalt", so der Sprecher weiter. "Wir erkennen damit das Bedürfnis derjenigen an, die sich ausdrücklich von der Kirche distanzieren wollen, auch wenn es einige Zeit und Recherchearbeiten erfordert, um alles zu erledigen."

Gesellschaftliche Debatte nach Ausstrahlung von Missbrauchs-Doku

Die Aufsicht folgte in ihrer Entscheidung der Position der Kirche nicht, dass die Dokumentation der Taufe lediglich ein historisches Faktum darstelle, das zudem für religiöse Zwecke erforderlich sei. Zwar habe die Kirche ein berechtigtes Interesse an den Taufeinträgen, dieses überwiege aber nicht die Interessen der betroffen Person, stellte die Datenschutzaufsicht fest und führte dafür zwei Gründe an: Zum einen führe die Führung eines Taufregisters auf Papier allein in der Taufpfarrei dazu, dass bereits jetzt nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, ob eine Person wirklich getauft wurde. Zum anderen sei eine lebenslange Speicherung der Daten unverhältnismäßig, sobald eine Person den ausdrücklichen Wunsch bekundet, sich von der katholischen Kirche loszusagen. In diesem Fall hätten die Interessen der betroffenen Person Vorrang vor denen der Kirche.

In Belgien stiegen nach der Ausstrahlung einer TV-Dokumentation über Missbrauch in der Kirche im September die Kirchenaustrittszahlen an. Im Zuge der landesweiten Diskussion wurde auch der Umgang der Kirche mit Kirchenaustritten angefragt. Vor allem die Weigerung, Taufeinträge bei Austritt zu löschen, stieß auf massive Kritik. Die Entscheidung der belgischen Datenschutzaufsicht ist die erste, in der ein Löschrecht bestätigt wurde. Ebenfalls im September veröffentlichte die irische Datenschutzaufsicht eine umfangreiche Entscheidung, in der sie zum gegenteiligen Schluss kam und eine Beschwerde gegen die Erzdiözese Dublin ablehnte. Der nun von der belgischen Datenschutzaufsicht entschiedene Fall geht auf eine Beschwerde aus dem Jahr 2021 zurück. Nach Angaben der Behörde liegen ihr noch weitere Verfahren aus dem Themenbereich des Kirchenaustritts vor. (fxn)