Unfallversicherung zahlt Missbrauchsbetroffenen in Kirche Rente
Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft VBG hat begonnen, Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der Kirche Renten zu bezahlen. Das berichtet das BR-Fernsehen in einem Beitrag für die Sendung "Stationen" (Mittwoch). Der in Hamburg ansässige bundesweit größte Träger der gesetzlichen Unfallversicherung hatte im April 2022 die Kirchen über diese Möglichkeit informiert. Sie komme in Betracht für Kinder und Jugendliche, die im Kirchenchor, als Messdiener, Gruppenleiter oder Konfirmanden Opfer von Missbrauch geworden seien. Betroffene könnten auch im Fall verjährter Taten Renten erhalten. Inzwischen seien 400 Anträge eingegangen.
Auslöser für den Aufruf war den Angaben zufolge das im Januar 2022 veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten. Wie der Sprecher der VBG, Pierre Stage, in dem Beitrag sagte, hätten die Erkenntnisse sie nicht kaltgelassen. Das jetzige Handeln geschehe auch aus Mitgefühl gegenüber den Betroffenen. Es solle sich keiner allein fühlen oder schämen. Missbrauch wird von der Unfallversicherung als "ein von außen auf den Körper eintretendes Ereignis" definiert.
Betroffenensprecher einer der ersten mit Lebensrente
Laut dem Magazin-Beitrag ist Richard Kick, Sprecher des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising, einer der ersten, der eine Lebensrente der VBG bezieht. Er hatte seinen Fall selbst gemeldet. Als achtjähriger Ministrant war er vom Kaplan seiner Pfarrgemeinde mehrere Jahre missbraucht worden. Ein psychiatrischer Gutachter bescheinigte ihm, deshalb seit dem 14. Lebensjahr zu 80 Prozent erwerbsgemindert zu sein. Zugesprochen worden sei ihm daraufhin eine monatliche Rente von über 1.000 Euro.
Allein schon die offizielle Bestätigung, dass der Missbrauch ursächlich für das schwierige Leben gewesen sei, sei eine unglaubliche Erleichterung für einen Betroffenen, sagte Kick dem BR-Fernsehen. Betroffene sexuellen Missbrauchs bräuchten Unterstützung, viele von ihnen auch dringend Geld, weil berufliche Karrieren abgebrochen worden seien. Neben der lebenslangen Rente zahle die VBG bis zu vier Jahre rückwirkend ab Meldung auch eine Verletztenrente. Kick habe deshalb zusätzlich eine hohe fünfstellige Summe erhalten. Ob die Unfallversicherung die Kirchen in Regress nehmen werde, bleibt offen. Der VBG-Sprecher sagte, der Gesetzgeber räume in gewissen Fällen diesen Weg ein. Ob das möglich sei, müsse man prüfen. (KNA)